Videokunst:Einstürzende Neubauten

Videokunst: Turmbau zur Freiheit: Szene aus Barbara Herolds AR-App.

Turmbau zur Freiheit: Szene aus Barbara Herolds AR-App.

(Foto: Herold)

Barbara Herolds AR-App bei der "Frequenzen"-Reihe

Von Evelyn Vogel

Vor Jahren hätte sich so mancher gewünscht, dass diese Vision wahr werden würde. Da zählte das Forum an der Münchner Freiheit mit seiner brutalistischen Architektur zu den Hassobjekten im Stadtraum. Mittlerweile ist es nicht mehr ganz so schlimm. Und wenn man sich der Augmented-Reality-Installation "Stack Overflow" von Barbara Herold aussetzt, ist man auch ganz froh, dass das alles nur virtuell ist. Denn darin lässt die Münchner Medienkünstlerin riesige Steinbrocken neben und auf die Betrachter stürzen, so dass man sich ein wenig wie inmitten eines Erdbebens fühlt - allerdings ohne dass die Erde bebt und zittert.

Statt dessen steht man ungefährdet auf dem Forum, hält sein Smartphone in die Luft und folgt, während man aus den Kopfhörern mit dem Sounddesign von Kim Ramona Ranalter alias Kim Twiddle beschallt wird, den von der App inszenierten Bildwelten. In der werden inmitten der Architektur des Platzes Türme aufgebaut und stürzen wieder ein, es leuchtet und kracht, man hört Verkehrslärm, Gesprächsfetzen, Spielplatzgeräusche und andere Sounds aus dem Stadtraum. Je nach eigener Bewegung wirkt der Zusammenbruch dieser einstürzenden Neubauten langsam-fließend oder rasant-bedrohlich.

"Stack Overflow" - was in etwa ein Kuddelmuddel im überfüllten Datenspeicher bedeutet - ist Herolds Beitrag zu der "Frequenzen"-Reihe des Kulturreferats, bei der Künstler der Frage nachgehen, wie der Stadtraum klingt. Dabei arbeitet Herold für ihre Übersetzung datenverarbeitender Prozesse in eine audio-visuelle AR-Erfahrung mit Frank Groh und Simon Kummer sowie der Theatermacherin und Musikerin Kim Twiddle zusammen. Das Dauerbombardement der Steine soll auch an die Bombennächte des Zweiten Weltkrieges, den Wiederaufbau und die Neugestaltung des Platzes mit seiner für die Siebzigerjahre typischen Architektur erinnern, wie Herold erzählt, die nahe der Münchner Freiheit aufgewachsen ist und deshalb eine besondere Verbindung zu dem Ort hat.

Die App kann man kostenlos im App Store und auf Google Play laden, man sollte also sein Smartphone und Kopfhörer mitbringen, wenn man "Stack Overflow" erleben möchte. Die Augmented Reality Installation ist vorläufig bis 2021 konzipiert - falls bis dahin das Forum nicht eingerissen sein sollte.

Barbara Herold: Stack Overflow, Augmented Reality Installation, Forum Münchner Freiheit, Präsentation der App mit Performance von Kim Twiddle: Donnerstag, 4. Juli, 19 Uhr; Führungen mit Barbara Herold: 11., 17. und 18. Juli, jeweils 19 Uhr, Infos unter www.stackoverflow-ar.de

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