Archäologie:Wer waren die Philister?

Archäologie: Ein menschliches Skelett, entdeckt 2016 bei der ersten Ausgrabung eines Philister-Friedhofs.

Ein menschliches Skelett, entdeckt 2016 bei der ersten Ausgrabung eines Philister-Friedhofs.

(Foto: Menahem Kahana/AFP)
  • 2013 stießen Archäologen auf einen Friedhof der Philister.
  • Die genetische Analyse der gefundenen Knoch zeigt jetzt eine Übereinstimmung mit Erbanlagen aus Europa.
  • In der Bibel werden Philister und Israeliten als Feinde bezeichnet. Die genetischen Daten zeigen jedoch, dass sich die Einwanderer mit der lokalen Bevölkerung vermischt haben.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Die Geschichte vom Kampf Davids gegen den Philister Goliath kennt jeder. Aber woher kamen die Philister, die in der Bibel als Erzfeinde der Israeliten beschrieben werden? Waren die Philister eine lokale Gruppe oder gab es eine Einwanderung in die Region, in der heute Israel und die palästinensischen Gebiete liegen? "Wir kennen die Philister aus Texten, aber wir wissen bisher nur wenig über sie", sagt der Archäologe Daniel Master, der die Leon-Levy-Expedition in Aschkelon leitete.

Zwischen 1985 und 2016 wurden in der israelischen Stadt Ausgrabungen vorgenommen. 2013 stieß das Team um Master auf einen Friedhof der Philister und auf Skelette von Kindern, die unter den Fußböden von Häusern begraben waren. Master wandte sich an den Biochemiker Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena. Eine DNA-Analyse sollte die Herkunft der Philister klären. Proben von zehn Skeletten wurden nach Jena geschickt: Einige stammten aus der Bronzezeit, also aus einer Zeit, in der nach bisherigen Erkenntnissen die Philister noch nicht in der Region waren. Sie wurden vom ägyptischen Pharao Ramses III. erstmals als Eindringlinge erwähnt und gründeten im 12. Jahrhundert vor Christus auf dem Gebiet des heutigen Israel und der palästinensischen Gebiete einen Fünf-Städte-Bund mit den Stadtstaaten Aschdod, Aschkelon, Ekron, Gat und Gaza.

Dann wurden auch noch Proben der Kinderskelette geschickt, um Vergleiche anstellen zu können. Ein halbes Dutzend Mitarbeiter, erklärt Johannes Krause, waren in Jena mit dem Projekt beschäftigt. Die meisten Untersuchungen nahm die aus Israel stammende Doktorandin Michal Feldman vor, die eine Übereinstimmung der Gene in Aschkelon mit jenen aus Europa aus der zu Ende gehenden Bronzezeit und der beginnenden Eisenzeit feststellte.

"Die große Überraschung war, dass wir eine Signatur fanden, die außerhalb der Region ihre Herkunft hat. Das heißt, dass es eine Einwanderung der Philister gab", erklärt Krause. Für Master war der "aufregendste Moment, als die ersten Ergebnisse aus Deutschland eintrafen". Damit war klar: "Die Philister waren Immigranten, wir hatten die Bestätigung." Sie kamen aus Südeuropa. Aber woher genau, konnte noch nicht geklärt werden. "Dazu haben wir noch zu wenig Vergleichsdaten aus dieser Zeit aus dem Süden Europas. Es könnte der Ägäis-Raum sein, aber auch Sizilien", erläutert der Biochemiker Krause.

Offenbar waren Philister und Israeliten nicht nur Feinde: Sie heirateten auch untereinander

Nachdem geklärt war, dass die Philister Migranten aus Europa waren, stellten die Forscher sich weitere Fragen: Etwa, ob sie unter sich blieben oder auch außerhalb ihrer Gruppe Partner suchten. "Es gab keine Heiratstabus", sagt Master. Krause, der weitere Proben aus einer späteren Phase der Philister untersucht hat, erläutert die Auswirkungen: "Die spezielle Signatur der Philister verschwindet, sie existiert zweihundert Jahre später nicht mehr. Das bedeutet, dass diese Menschen integriert wurden, sich also genetisch vermischten." Er fügt hinzu: "In der Bibel werden Philister und Israeliten als Feinde bezeichnet. Aber es kann nicht nur Feindschaft gewesen sein, sonst hätten sie nicht Gene ausgetauscht mit der lokalen Bevölkerung." Ihre kulturelle Identität haben die Philister trotz ihrer Vermischung mit der lokalen Bevölkerung behalten, sie wurden auch weiterhin als eigene Gruppe wahrgenommen.

Ihre Erkenntnisse haben die Forscher in der Zeitschrift Science Advances publiziert. "Wir wissen jetzt, dass die Philister eingewandert sind und mehr mit lokalen Gruppen interagiert haben, als bisher bekannt war. Aber auch wenn sie sich in ihrer Kultur oder Sprache angepasst haben, hatten sie noch immer ihre Gruppenidentität", erklärt Master. Erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts vor Christus verschwanden die Philister völlig als eigenständige ethnische Gruppierung.

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