Markt Schwaben:Weiher so!

Die Freilichtbühne des Theatervereins feiert mit Wortwitz, Musik und flotter Schauspielkunst eine gelungene Premiere von "Sommernachtstrauma"

Von Ulrich Pfaffenberger

Die Weiherspiele haben ihr Trauma des Beinahe-Untergangs überwunden und mit ihrem neuen Stück "Sommernachtstrauma" den guten Eindruck vom Neustart in der vergangenen Saison bestätigt. Ein leicht bearbeiteter Shakespeare-Klassiker als Nachfolger vom "Boandlkramer": Wenn der Theaterverein und sein Dramaturg Ferdinand Maurer diese Linie in der gezeigten Qualität und Glaubwürdigkeit fortsetzen, dann kann sich die Marktgemeinde noch lange Zeit mit ihrer Sommer-Freilichtbühne am Kirchweiher schmücken. Zumal sie mit dem nachwachsenden Rohstoff "Schauspieler" dank langfristiger und nachhaltiger Aufbauarbeit der Jungen Bühne sehr gut versorgt ist.

Die Aufführung hat alles, was es braucht, um dem Publikum einen unterhaltsamen Sommerabend zu bieten, der es auch an Anspruch nicht mangeln lässt. Da sei zunächst die Rückkehr der Musik an den Weiher angesprochen, einst ein Markenzeichen der Spiele, zeitweise dann von Showeffekten verschluckt. Drei pfiffige Lieder hat das Ensemble eingestreut, nicht als Selbstzweck, sondern zur Illustration des Geschehens, nicht zur Profilierung der Sänger, sondern zum Genuss fürs Publikum. Professionell getextet und komponiert, blitzsauber im Studio aufgenommen, akkurat eingespielt: Das hat Profiniveau. Auch hier ist Maurers Handschrift zu spüren, aber der Star ist das Ensemble.

Weiherspiele 2019 Markt Schwaben

Ein griechisch-antiker Palast und ein kunstvoll gestalteter Zauberwald sind die Schauplätze des „Sommernachtstraumas“, einer Komödie frei nach Shakespeare.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bühnenbild und Spielaufbau kommen, wie schon im Vorjahr, durch den verkürzten Abstand dem Publikum sehr entgegen. Mimik und Gestik sind gut erkennbar, die Schauspieler bewegen sich in der gleichen Sphäre wie die Menschen auf den - zur Premiere schon sehr gut besetzten - Rängen. Die Inszenierung kommt mit zwei Spielflächen aus: dem Palast des Herzogs von Athen für die Rahmenhandlung und dem Zauberwald, von Uwe Wilfert kunst- und phantasievoll gemalt, in dem sich das Traumgeschehen abspielt. Die Regie nutzt die geteilten Räume geschickt und bringt für die Betrachter viel Ruhe ins Spiel, indem sie auf die früher häufigen Szenenwechsel via Laufbrücke verzichtet. Das ist klug, das ist gut so und das darf auch so bleiben.

Applaus verdient hat die Bühnensprache. So schön artikuliert, so gut verständlich, so sauber ist am Weiher schon lange nicht mehr gesprochen worden. Dass in zwei Stunden Spielzeit keine Silbe verloren geht und die Balance zwischen den Rollen gut ausgeglichen ist, das mag man an großen Bühnen als selbstverständlich hinnehmen, für ein Laientheater ist es eine außerordentliche Leistung. Der Verzicht auf mundartliche Späßchen ist anerkennenswert, lässt er doch Shakespeares Wortwitz mehr Raum und mehr Wirkung - und den von Maurer ergänzten Pointen auch. Dass die zum Frosch verzauberte Elfi (mit Esprit: Sabrina McAboy) ihre Einzigartigkeit mit der Bemerkung kommentiert: "Außerdem hat man hier seit 24 Jahren keine Frösche mehr gesehen" - Chapeau!

Weiherspiele 2019 Markt Schwaben

Applaus verdient hat die Bühnensprache. So schön artikuliert, so gut verständlich, so sauber ist am Weiher schon lange nicht mehr gesprochen worden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das mit der Sprache ist deshalb so wichtig, weil das Stück etwas zäh anläuft. Bis aus verirrter Liebe ein Spektakel wird, muss man eben ein bisschen erklären. Das ist im klassischen Original genauso. Die Belohnung, die der Dichter vorgesehen hat, ist die Steigerung hinein in eine veritable Comedia, in der geschimpft und geblödelt wird, in der sich die Klugen Dummheiten an den Kopf werfen und die Dummen erstaunlich Kluges zutage fördern. Die fast comic-artigen Charaktere spitzen das Geschehen immer mehr zu und lassen den Zauber des Stücks übers Wasser auf die Ränge wehen. Einen Löwenanteil trägt Sabine Bogenrieder bei. Sie bestätigt die alte Regel: "Wenn der Puck gut ist, ist der ganze Sommernachtstraum gut." Sie ist sogar sehr gut, drückt dem Stück mit pumucklartiger Stimme und flottem Bewegungsspiel ihren Stempel auf und avanciert schnell zum Publikumsliebling.

Das Handwerker-Trio, das sich mit dem Dramulett von Pyramus und Thispe zur Herzogs-Hochzeit als Schauspieler versucht, ist mit Frank Seidl als tollpatschiger Kesselflicker Schnauz, Philipp Zeiff als Bälgenflicker Flaut in der aufgezwungenen Frauenrolle und Michael Sieger als übereifriger Weber Zettel bestens besetzt. Sie vollziehen die Gratwanderung zwischen Lächerlichkeit und ehrlichem Bemühen so elegant, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Pures Vergnügen zudem, wie die obelixhafte Amazonenkönigin Hippolyta (abgebrüht nonchalant: Christa Hermannsgabner) den heiratswütigen Theseus (liebenswürdig trottelig: Franz Hermannsgabner) am ausgestreckten Arm verhungern lässt, während der wichtigtuerische Zeremonienmeister Philostrat (Hektiker mit Schleimspur: Ferdinand Maurer) beider Hochzeit ins Chaos steuert.

Weiherspiele 2019 Markt Schwaben

Mit der gelungenen Inszenierung beweisen die Markt Schwabener Weiherspiele, dass sie vom Untergang mittlerweile weit entfernt sind.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die On-Off-Beziehungen zwischen Lysander (Tim Zeiff) und Hermia (Fabiana Bertram) sowie Demetrius (Christian Jäger) und Helena (Isabella Speckmaier) sind der Nukleus des Traumgeschehens und des Verwirrspiels der Herzen, um das Shakespeare die wesentlichen Effekte seines Stücks gewoben hat. Das Quartett spielt sich, gehetzt von Patron Egeus (bösartig: Rainer Bigalke), verzweifelt immer tiefer in diesen Irrgarten hinein und zieht dabei die Sympathien des Publikums auf sich. Es könnten der Emotionen noch mehr sein, würden sie der Verrücktheit des Ver- und Entliebens noch mehr freien Lauf lassen, was auch den Waldherrschern Oberon (Franz Stetter) und Titania (Sabine Drobner) gut anstünde, die ihre Zuneigung mehr würdevoll-distanziert zeigen als leidenschaftlich. Aber dies zu ändern haben sie ja noch einige Aufführungen Zeit und Gelegenheit. Der mit "Bravo"-Rufen gut gespickte Schlussapplaus der Premiere jedenfalls war berechtigt und darf als Einladung an weitere Besucher verstanden werden. Der Weg zum Weiher ist es auch 2019 wieder wert!

"Weiherspiele" in Markt Schwaben: "Sommernachtsrauma", gespielt wird bis 3. August jeden Donnerstag, Freitag und Samstag. Infos und Karten unter www.weiherspiele.de.

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