Werdenfelser und Nordlicht:"Bei uns gibt es keine Grenzen"

Das Duo "Loisach Marci" setzt auf die einende Kraft von bayerischem Landler, HipHop und Electro

Interview von Veronika Ellecosta

Auf den ersten Blick sind Marcel Engler und Jens-Peter Abele als junge Künstler grundverschieden: der eine ein kerniger Garmischer in Werdenfelser Tracht, der andere ein Nordlicht. In Stuttgart haben der Musiker und der Musikproduzent zusammengefunden und als Duo Loisach Marci seither einen unvergleichlichen Crossover-Alpinsound geschaffen. Am Freitag, 12. Juli, treten sie beim Flussfestival in Wolfratshausen auf.

SZ: Woher kommt der Name "Loisach Marci"?

Marcel Engler: Meine Jugendfreunde haben mich den Loisl oder den Loisach Marci genannt, weil ich immer am Fluss in der Natur gespielt hab. Der Name ist dann geblieben, der passt gut zu uns. Mittlerweile spielen wir überall auf der Welt Konzerte, und überall gehen die Leute total ab. Bei uns gibt es keine Grenzen, auch musikalisch nicht.

Warum ist es Ihnen beiden so wichtig, genretechnisch nicht eingeordnet zu werden?

Jens-Peter Abele: Sobald du dir Grenzen auferlegst, schränkst du dich ein. Wir aber wollen offen dafür sein, was das Leben mit uns und mit unserer Musik macht. Das Leben ist ja ein ständiger Entwicklungsprozess, dem wollen wir uns hingeben.

Werdenfelser und Nordlicht: Marcel Engler (links) kommt aus Garmisch, Jens-Peter Abele von der Nordsee. Zusammen haben sie einen eigenwilligen Sound kreiert, der Alt und Jung zum Tanzen bringt.

Marcel Engler (links) kommt aus Garmisch, Jens-Peter Abele von der Nordsee. Zusammen haben sie einen eigenwilligen Sound kreiert, der Alt und Jung zum Tanzen bringt.

(Foto: Anton Ostler/oh)

Sie haben sich in Stuttgart kennengelernt, bewegen sich sprachlich aber im bairischen Dialektraum. Macht es einen Unterschied, wenn man das Daheim aus der Distanz beobachten kann?

Engler: Ganz bestimmt. Der Blick von außen ermöglicht immer ein erneutes Eintauchen in die Heimat. Das ist, wie wenn du drei Wochen im Urlaub warst und die Wohnungstür daheim öffnest. Dann überkommt dich ein besonderes Gefühl. Die Distanz macht was mit einem. Das mag Sehnsucht sein oder Freiheit, aber Distanz ermöglicht auch einen kritischen Blick. Wir haben ja auf der ganzen Welt Konzerte und viele spannende Begegnungen. Das Fortgehen und Zurückkommen ist das Besondere.

Wie wichtig ist dabei die bayerische Tradition?

Engler: Ich würde nicht von bayerischer Tradition reden, sondern eher von einem alpinen Lebensgefühl. Abi (Jens-Peter Abele, Anm. d. Red.) bringt ja auch von seinem Lebensgefühl von der Nordsee viel mit. Für mich gehört die Tracht zu mir, ich fühl mich brutal wohl in meiner Tracht. Das ist authentisch und das spüren die Leute im Publikum. Wir sind kein Projekt. Loisach Marci sind einfach wir, wie wir seit unserer Kindheit gewachsen sind. Das ist keine Inszenierung. Manchen gefällt's und manchen gefällt's nicht. Aber die nehm ich nach einem Auftritt trotzdem in den Arm.

Wie viele Lederhosen besitzen Sie?

Engler: Ich habe Freunde, die haben acht, zehn Lederhosen. Und da denke ich mir: Für jede ist ein Hirsch gestorben. Ich brauch nicht mehr als zwei: eine helle und eine dunkle. Jedes Viech hat für mich eine Bedeutung und eine Geschichte. Meine zwei Lederhosen sind auch so etwas wie persönliche Begleiter bei meinen Auftritten, die waren sogar in Mexiko mit dabei.

Abele: Von mir gibt es tatsächlich nur ein einziges Foto in Lederhose. Ich habe da eine Wette mit dem Balletttänzer Eric Gauthier verloren und musste auf einem Pressetermin in Lederhose erscheinen. Für mich ist das aber eine Art der Verkleidung. Ich bin nicht der Junge in der Lederhose und finde keinen demütigen Umgang mit der Tracht.

Musiker wie Hubert von Goisern haben die Volksmusik nicht nur entstaubt, sondern auch politisch revolutioniert. Haben Sie eine politische Botschaft?

Abele: Wir sind zuallererst Künstler, keine Politiker. Aber unser Umgang mit Musik, mit Themen und den Menschen ist bestimmt politisch. Wir bieten eine Reibungsfläche. Manchmal setzen wir uns gezielt Situationen aus, wo wir von vornherein wissen, dass wir nicht hingehören. Wir versuchen, über die Kunst in Dialog zu treten. Wir sind keine Zeigefingerband, trotzdem stehen wir für etwas. Unser Herz und unsere Haltung sind erkennbar, wir sind streitbar.

Welche Menschen kommen zu Ihren Konzerten?

Engler: Das ist total unterschiedlich, Junge wie Alte haben bei uns eine gute Zeit. Wir haben schon auf großen EDM-Konzerten gespielt, wo das Publikum maximal 27 Jahre alt war. Genauso hat im Herzkasperl-Festzelt auf dem Oktoberfest München eine 79- jährige Frau mit Tränen in den Augen gesagt, dass sie sich durch uns an ihre Jugend zurückerinnert fühlt.

Loisach Marci, Freitag, 12. Juli, 20 Uhr, Flussfestival, Wolfratshausen, Karten 24/20 Euro

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: