Mitten in Moosburg:Nichts, über das man reden muss

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Wie sich der Stadtrat selbst dann die Köpfe heiß diskutiert, wenn die Tagesordnung das gar nicht hergibt

Kolumne von Alexander Kappen

Kurz zuckte man zusammen, als man am Montagabend das Programm des Moosburger Stadtrats las - oder das, was noch davon übrig war. Das Thema mit der meisten Sprengkraft, ein Bebauungsplan für das sogenannte Rockermaier-Areal mit mehreren Hundert Wohnungen, war von der Tagesordnung genommen worden. Blieben also noch: ein Tekturantrag, zwei Auftragsvergaben für ein paar Lampen, das Okay für eine Belüftung im Haus der Bildung, Anfragen. Worüber um Himmels willen, so dachte man, sollte dieses bekanntermaßen so redefreudige Gremium sich denn diesmal die Köpfe heiß diskutieren? Über nichts. Aber auch Diskussionen über nichts können im Moosburger Stadtrat recht lange dauern.

Das Nichts, um das es im konkreten Fall ging, war ein Satz im Protokoll einer Sitzung vom März. Genauer gesagt: Die Frage, ob der Beschluss, auf einem städtischen Grundstück an der Schlesierstraße übergangsweise Mensa-Container für die Mittelschule aufzustellen, gleichzeitig bedeutet, dass die dort stehenden alten Wachbaracken aus dem Zweiten Weltkrieg zuvor abgerissen werden. Klar bedeutet es das, dachte die Bürgermeisterin, weshalb ein entsprechender Satz von ihr als Hinweis im Protokoll vermerkt war. Das bedeutet es natürlich nicht, dachten andere, weshalb beantragt wurde, entsprechenden Satz wieder aus dem Protokoll zu streichen.

Nun gut, genau genommen hatte der Stadtrat zuvor bereits in einem gesonderten Beschluss entschieden, die beiden Baracken abzureißen. Daran zweifelte auch keiner. Aber das heißt ja nicht, dass man sich beim darauffolgenden Beschluss, in dessen Kern es um was anderes geht, nicht weiter trefflich drüber streiten kann. Da geht es um mehr: die Grundwerte der Demokratie. Mindestens. Es ärgere ihn, sagte Grünen-Stadtrat Johannes Becher, "dass hier behauptet wird, wenn man der Nachfolgenutzung des Grundstücks zustimmt, hat man automatisch auch dem Abriss zugestimmt - das ist ein Demokratieverständnis, das ich nicht nachvollziehen kann". Was gerade ihn nicht groß wundern sollte. Schließlich sitzt er seit ein paar Monaten im bayerischen Landtag. Dass man gewisse Dinge mit einem handelsüblichen Demokratieverständnis nicht nachvollziehen kann, ist dort an der Tagesordnung.

© SZ vom 10.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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