Ernte in Freising:Ein verrücktes Jahr

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Die Hagelschäden im Raps begutachten: (vorne v. l.) BBV-Kreisobmann Georg Radlmaier, Josef Schächtl vom Amt für Landwirtschaft, Rosmarie und Martin Bauer, die stellvertretende Kreisbäuerin Eva Steinberger und BBV-Geschäftsführer Gerhard Stock. (Foto: Marco Einfeldt)

Trockenheit, Hitze und Unwetter machen den Landwirten zu schaffen. Ohne den schnee- und regenreichen Winter wäre die Weizen-Ernte wohl katastrophal ausgefallen. Jetzt rechnet man mit einer durchschnittlichen Ernte.

Von Petra Schnirch, Gammelsdorf

"Es ist ein ganz verrücktes Jahr", bilanziert Konrad Bauer. Die extreme Hitze Ende Juni und die Trockenheit haben den Landwirten zu schaffen gemacht. Hinzu kommt, dass der Hagel am Pfingstmontag in einigen Landstrichen einen Teil der Ernte vernichtet hat, auch auf dem Hof der Bauers in Giglberg bei Gammelsdorf. Insgesamt werde die Weizenernte im Landkreis aber wohl durchschnittlich ausfallen, sagt Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Freising, bei der diesjährigen Erntefahrt.

Die Auswirkungen der Wetterkapriolen zeigt Konrad Bauer an einem Bündel Weizen. Einige der Ähren sind als Folge von "zehn Minuten Hagel" abgeknickt. Temperaturen um die 37 Grad haben den Pflanzen Ende Juni den Rest gegeben. Ein Teil stirbt ab, der Rest ist "notreif", das heißt, die Hitze hat die Reife beschleunigt. Die Körner aber sind klein geblieben, der Ertrag wird dadurch gemindert. Allein den Ernteverlust durch das Unwetter an Pfingsten schätzen die Bauers auf bis zu 35 Prozent - zumindest hier wird die Versicherung einspringen.

Der Bauernverband und das Amt für Landwirtschaft und Ernährung wollen bei dem Termin in Giglberg neben dem aktuellen Stand der Ernte auch herausheben, wie groß die Herausforderungen für die Landwirte durch die zunehmend heißen Sommer, aber auch durch zahlreiche Auflagen geworden sind. Konrad Bauer bewirtschaftet mit Frau Rosmarie und Sohn Martin, der seine Ausbildung zum Meister und Agrarbetriebswirt gerade abschließt, einen 100 Hektar großen Betrieb. 40 Prozent der Flächen gehören ihnen selbst, der Rest ist gepachtet. Die Bauers setzen auf eine fünfgliedrige Fruchtfolge. Sie bauen hauptsächlich Weizen, Hafer und Raps an, aber auch Mais und Sojabohnen für die eigene Schweinehaltung. Gutes, eiweißhaltiges Futter steigere die Fleischqualität, sagt Konrad Bauer. Die Flächen seien das ganze Jahr über bewachsen, "Erosion ist kein Problem". Die Böden habe er mit dieser Art der Bewirtschaftung in den vergangenen 30 Jahren sehr verbessern können. Entlang einiger Felder hat er Blühstreifen angelegt - nicht erst seit dem Volksbegehren zur Artenvielfalt, wie Bauer betont. Förderung erhält er dafür keine, "aber es freut uns selbst".

Soja kommt mit der Hitze besser klar als beispielsweise Weizen, wie Konrad Bauer (l.) bei einem Rundgang auf seinem Hof in Giglberg erklärt. (Foto: Marco Einfeldt)

Das wärmere Klima erfordert die Züchtung entsprechender, resistenter Sorten

Die Dürre in niederschlagsarmen Jahren wird zunehmend zum Problem - wobei die Regenmenge örtlich sehr unterschiedlich ausfallen kann. Zwar sei die Landwirtschaft im Landkreis sehr abwechslungsreich, sagt BBV-Geschäftsführer Stock. Winterweizen sei mit fast 10 000 der insgesamt etwa 47 750 Hektar Anbaufläche aber die Hauptkultur. "Temperaturen über 30 Grad sind für ihn Gift." Ohne den schnee- und regenreichen Winter wäre die Weizen-Ernte in diesem Jahr in der "Getreidehochburg" Freising katastrophal ausgefallen, sagt Pflanzenfachberater Josef Schächtl vom Amt für Landwirtschaft und Ernährung. Bis auf den Mai sei es heuer im Schnitt zwei bis drei Grad wärmer gewesen als im Schnitt der vergangenen Jahrzehnte. Die Landwirte stellten sich darauf ein, wichtig sei aber auch die Züchtung entsprechender Sorten. Gut kommen mit wärmeren Temperaturen dagegen Soja und auch Mais klar.

Der Maisanbau im Landkreis hat sich etwas reduziert auf insgesamt 9415 Hektar. Platz drei nimmt die Wintergerste mit 3706 Hektar ein, gefolgt von Winterraps mit 2621 Hektar. 8536 Hektar, das sind etwa 18 Prozent, ist Dauergrünland. Die Sojabohne als heimische Eiweißquelle hat in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt auf mittlerweile 818 Hektar Anbaufläche.

Martin Bauer will den Hof seiner Eltern übernehmen, ob er ihn dauerhaft im Haupterwerb wird führen können, sei offen, sagt er. Was Stock gegenwärtig vermisst, ist Respekt für die Arbeit der Landwirte. Gerade die jungen Leute seien sehr gut ausgebildet. BBV-Kreisobmann Georg Radlmaier fügt hinzu: "Die Gesellschaft muss so fair sein, das anzuerkennen."

© SZ vom 10.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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