TV-Duell in Großbritannien:Weder Johnson noch Hunt haben einen richtigen Plan

Boris Johnson und Jeremy Hunt

Johnson und Hunt beim TV-Duell.

(Foto: REUTERS)
  • Im Duell um die Parteispitze der Konservativen in Großbritannien treten Boris Johnson und Jeremy Hunt gegeneinander an.
  • Johnson gibt keine eindeutige Antwort darauf, wie er den Brexit - ob mit oder ohne Vertrag mit der EU - bis 31. Oktober über die Bühne bringen will.
  • Die Parteimitglieder haben noch bis zum 22. Juli Zeit, ihre Stimme abzugeben.

Von Björn Finke, London

Über Brexit wurde viel geredet, aber viel schlauer waren die Zuschauer hinterher nicht: Am Dienstagabend übertrug der britische Privatsender ITV das erste und wohl einzige Fernsehduell zwischen Boris Johnson und Jeremy Hunt. Jeder der beiden Politiker möchte Theresa May als Premierminister nachfolgen. Die 165 000 wahlberechtigten Mitglieder der Konservativen Partei bestimmen den Sieger bis 22. Juli per Briefwahl. Der 55-jährige Johnson ist der große Favorit. Hunt, der amtierende Außenminister, versuchte bei dem Duell vor 200 Gästen im TV-Studio in Salford bei Manchester, die Glaubwürdigkeit des Rivalen zu erschüttern.

So fragte der 52-Jährige, ob Johnson zurücktreten werde, wenn er das Land anders als versprochen nicht bis zum 31. Oktober aus der EU führt. Sein Gegner antwortete ausweichend, so eine Festlegung würde Brüssel Anreize geben, auf seinen Rücktritt hinzuarbeiten. Ansonsten waren es die Moderatorin oder die Studiogäste, die Fragen stellten. Brexit-Vorkämpfer Johnson erklärte seine Verhandlungstaktik: Er will den 31. Oktober als fixen Austrittstermin setzen und das Land auf einen Brexit ohne gültigen Austrittsvertrag vorbereiten. Zugleich möchte er mit Brüssel über Änderungen bei dem ungeliebten Abkommen sprechen. Wenn die EU sehe, wie ernsthaft sich Großbritannien auf solch einen chaotischen Brexit vorbereite, "werden sie uns den Deal geben, den wir brauchen", kündigte Johnson an.

Deswegen werde es "auf keinen Fall" zum ungeordneten Brexit kommen. Eine weitere Verschiebung nicht auszuschließen, führe stattdessen dazu, nicht ernstgenommen zu werden in Brüssel - eine Spitze gegen Hunt. Der warnte davor, die Brexit-Anhänger in der Bevölkerung erneut zu enttäuschen: "Niemand sollte ein Versprechen abgeben, bevor er weiß, wie er es erfüllen kann", sagte er. Der "Pseudo-Stichtag 31. Oktober" werde zu Neuwahlen führen, bevor das Land austreten kann, denn das Parlament sei gegen einen schädlichen Brexit ohne gültigen Vertrag. Er sagte, er wäre als Premier geeigneter, denn er würde bei Wahlen auch Bürger ansprechen, die bisher nicht für die Konservativen gestimmt haben - anders als Johnson.

Zu Details ihrer Brexit-Strategie antworteten beide ausweichend. Ob die Debatte Hunts Chancen deutlich vergrößert hat, ist fraglich. Viele Mitglieder dürften schon vorher ihren Wahlzettel zurückgeschickt haben. Zudem ist Johnsons Vorsprung riesig. Das Umfrageinstitut Yougov befragte vorige Woche die Mitglieder. Von denen, die sich entschieden hatten, sprachen sich 74 Prozent für Johnson aus, 26 Prozent für Hunt. Und der Abstand von 48 Prozentpunkten ist unverändert zur Umfrage beim Start der Kampagne. Schlagzeilen über Johnsons turbulentes Privatleben haben Hunt also nicht geholfen.

Johnson profitiert davon, dass sich die meisten Mitglieder einen EU-Austritt bis 31. Oktober wünschen - mit oder ohne gültigen Brexit-Vertrag. Und sie haben deutlich mehr Vertrauen in Johnson, wenn es darum geht, welcher der beiden Kandidaten diesen Wunsch erfüllt.

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