Nach Warnstreik:Keine Einigung im Tarifstreit bei der MVG - so geht es weiter

MVG München Warnstreik im Öffentlichen Nahverkehr 2019

Elf Stunden dauerte am Dienstag der Warnstreik der MVG-Fahrer. Sie versammelten sich im Tramdepot an der Einsteinstraße.

(Foto: Stephan Rumpf)

Münchens U-Bahn-, Bus- und Tramfahrer wollen einen neuen Tarifvertrag. Die Verhandlungen werden in der Nacht zum Donnerstag unterbrochen - nach mehr als acht Stunden.

Von Kassian Stroh

Der Tarifkonflikt bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) geht weiter, vorerst wird er aber nicht von neuen Warnstreiks begleitet. Nach mehr als acht Stunden Verhandlung hätten die Vertreter der MVG und der Gewerkschaft Verdi ihre Gespräche unterbrochen, ohne ein Ergebnis erzielt zu haben - das teilten beide Seiten am Donnerstagmorgen mit. Sie wollen sich am Freitag kommender Woche erneut treffen. Bis dahin werde Verdi von weiteren Streiks im Münchner Nahverkehr absehen.

Münchens Bus-, Tram- und U-Bahn-Fahrer fordern von der MVG mehr Geld. Sie traten am Dienstag in einen großen Warnstreik. Elf Stunden lang fuhren keine U-Bahnen mehr, nur einige Trams und nur etwa zwei Drittel der Busse. Das war als kraftvolles Zeichen gedacht, am Tag nach dem Streik war die dritte Verhandlungsrunde über einen neuen Haustarifvertrag bei der MVG angesetzt. Die aber wurden dann in der Nacht zum Donnerstag unterbrochen. Bis zum nächsten Verhandlungstermin am 19. Juli hätten nun beide Seiten die Möglichkeit, in Ruhe intern ihre jeweiligen Kompromissmöglichkeiten auszuloten.

Die Positionen von MVG und Verdi

Wie genau der Verhandlungsstand ist, dazu äußerten sich weder MVG noch Verdi. Ob kommende Woche dann ein Abschluss erzielt werde, könne er nicht sagen, berichtete Verdi-Verhandlungsführer Franz Schütz. "Das ist unheimlich schwierig." Der Vertrag, um den derzeit gerungen wird, gilt für die etwa 1300 Beschäftigten der Verkehrsgesellschaft, die meisten von ihnen sind als Fahrerinnen und Fahrer im Einsatz. Die MVG hatte ihnen nach eigenen Angaben einen neuen Vertrag angeboten, der 30 Monate gelaufen wäre und der unter anderem drei Lohnerhöhungen vorgesehen hätte, sodass am Ende ein Plus von 300 Euro im Monat gestanden hätte. Verdi hatte zwar nur 200 Euro mehr gefordert, aber bei einer Laufzeit des Vertrags bis August 2020.

Für die Gewerkschaft ist die Vertragslaufzeit ein entscheidender Punkt: Dann wären in gut einem Jahr wieder neue Verhandlungen nötig und Streiks möglich - aber dann gemeinsam mit allen anderen Fahrern im öffentlichen Nahverkehr in Bayern. Für diese gilt ein anderer, bislang besserer Tarifvertrag, genannt TV-N. Dieser läuft ebenfalls im Sommer 2020 aus, und nach ihm werden auch mehrere Hundert Fahrer in München bezahlt, die noch einen alten Arbeitsvertrag mit den Stadtwerken haben, der Mutterfirma der Verkehrsgesellschaft.

In der Belegschaft sei das Gefühl, ungleich behandelt zu werden, "unheimlich stark", sagt Verhandlungsführer Schütz. Es gehe auch um das Gefühl, "wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden". Nach dem TV-N könne ein Busfahrer in der höchsten Gehaltsstufe mehr als 500 Euro im Monat mehr verdienen als ein vergleichbarer Kollege, für den der MVG-Haustarif gilt. Diese Unterschiede will Verdi verringern - und auch deswegen die Laufzeiten der Verträge angleichen, um dann über beide gemeinsam verhandeln zu können.

Die MVG-Geschäftsführer wiederum wollen eine derart kurze Laufzeit unbedingt verhindern - und damit das Szenario eines großen, gemeinsamen Warnstreiks beider Beschäftigtengruppen. Die MVG hatte den kurzfristig verkündeten Warnstreik am Dienstag als überzogen und unangemessen kritisiert. Schließlich biete man den Beschäftigten letztlich mehr Gehalt an, als ihre eigene Gewerkschaft fordere, wenn auch für einen anderen Zeitraum. Zugleich wolle man manche Bestandteile des TV-N in den Haustarif übernehmen, zum Beispiel bessere Schichtzulagen oder auch die Möglichkeit, bei Gehaltsverzicht mehr Urlaub zu bekommen.

Für die MVG besteht zusätzlich das Problem, dass sie offenbar noch nicht weiß, wie sie Lohnerhöhungen finanzieren soll. Grundsätzlich muss sie laut Gesetz eigenwirtschaftlich arbeiten, darf also im Nahverkehr keine Defizite einfahren, die dann durch Zuschüsse der Stadt gedeckt werden müssten. Mit Lohnerhöhungen beim Personal wurden daher stets auch Erhöhungen der Ticketpreise begründet. Das ist in diesem Jahr aber schwierig, da das MVV-Tarifsystem im Dezember völlig neu gestaltet wird, wodurch die Tickets insgesamt eher günstiger werden. Eine andere Möglichkeit wäre, mehr Buslinien an private Firmen zu vergeben - schon jetzt wickeln solche etwa die Hälfte des Münchner Busverkehrs ab. Ein Szenario, das wiederum der Gewerkschaft gar nicht schmeckt.

"Diese politischen Rahmenbedingungen, die Frage der Eigenwirtschaftlichkeit - das interessiert die Fahrer nicht so", sagt Verdi-Mann Schütz. "Die wollen mehr Lohn und hier in München leben können." Das mache die Tarifverhandlungen so schwierig.

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