Bundesagentur für Arbeit:Entlassung Holsboers sorgt für Zerwürfnis

Vorstandsmitglied Holsboer aus Bundesagentur-Spitze abberufen

Sie hat den Machtkampf verloren: Valerie Holsboer muss jetzt gehen.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Valerie Holsboer muss den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit nach einer regelrechten Schlammschlacht vorzeitig verlassen.
  • Ihre Absetzung hat ein Zerwürfnis im 21-köpfigen Verwaltungsrat ausgelöst: Die politischen Vertreter im Gremium waren explizit gegen die Entlassung.
  • Möglich wurde die Ablösung nur, weil die Gewerkschafter im Gremium zustimmten.

Von Alexander Hagelüken

Nach zwei Jahren muss Valerie Holsboer gehen. Wirtschaftsfunktionäre setzten ihre Abwahl aus dem dreiköpfigen Vorstand der Bundesagentur für Arbeit durch. Die 42-Jährige verlor einen wochenlangen Machtkampf in der Behörde, die Millionen Deutschen bei der Jobsuche hilft. Nachfolgekandidatin ist Christiane Schönefeld, seit 2004 Regionaldirektorin der Agentur Nordrhein-Westfalen. Insider loben die 61-Jährige: "Sie ist eine unserer Besten". Wegen ihres Alters gilt Schönefeld als Übergangslösung. Es soll geplant sein, danach Jutta Cordt ins Amt zu hieven. Die 55-Jährige arbeitet im Bundesinnenministerium. Sie wurde 2018 als Chefin des Bundesamts für Migration entlassen, weil die Außenstelle Bremen zu Unrecht Asylanträge bewilligt hatte. Später erwiesen sich die Zahlen als gering.

Bevor eine Neubesetzung wirken kann, wird die Arbeitsagentur von den aktuellen Personalquerelen belastet. So gibt es offenbar ein Zerwürfnis im 21-köpfigen Verwaltungsrat aus Wirtschaftsfunktionären, Gewerkschaftern und politischen Vertretern. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung stimmten die sieben politischen Vertreter aus Ministerien und Kommunen explizit gegen die Entlassung Holsboers. Mehrere von ihnen kritisierten in der länger andauernden Sitzung am Freitag das Vorgehen der Wirtschaftsfunktionäre gegen Holsboer und priesen ihre Kompetenz. Die Sprecherin der politischen Vertreter, Elisabeth Neifer-Porsch, erklärte danach: "Wir halten die Entwicklung für sehr bedauerlich und danken Frau Holsboer für die gute Zusammenarbeit." Mehrere politische Vertreter blieben offenbar dem Sommerfest des Verwaltungsrates am Donnerstag Abend fern. Ein Teilnehmer berichtet von einer "gespenstischen Stimmung".

Möglich wurde die Ablösung Holsboers, weil die Gewerkschafter zustimmten

Durchgesetzt haben die Entlassung die Wirtschaftsfunktionäre im Verwaltungsrat, angeführt von Peter Clever. Dabei hatten genau sie 2017 die 42-jährige Quereinsteigerin aus einem Gastronomieverband für den Posten ausgesucht. Das Arbeitgeberlager betonte, die vorzeitige Auflösung von Holsboers Fünf-Jahres-Vertrags hätte rein fachliche Gründe. Sie sei glänzend in der Selbstdarstellung aber konzeptschwach und habe sich zu wenig in Personalmanagement und Finanzfragen eingearbeitet.

Die Unterstützer der Vorstandsfrau in der Behörde verweisen dagegen auf Erfolge ihrer Arbeit und sprechen von einer Intrige: Der wahre Grund für ihre Ablösung sei, dass sich Holsboer von Clever, dem zentralen Mann im Arbeitgeberlager, nicht so habe steuern lassen, wie er es wünschte. Clever habe sie als Gegengewicht zu Agentur-Chef Detlef Scheele einsetzen wollen, der der SPD nahesteht. Doch diese Rolle wollte Holsboer nicht spielen. Ein Insider sagt über Clever: "Der hat gedacht, er kann mit der Holsboer machen, was er will." Beteiligte schildern, Clever habe die Vorständin in Sitzungen häufiger angeschrien und einmal sogar ein Buch in ihre Richtung geworfen.

Möglich wurde die Ablösung Holsboers trotz der fehlenden Zustimmung der politischen Vertreter, weil die Gewerkschafter zustimmten. Ihre Sprecherin Annelie Buntenbach erklärte, wenn die Arbeitgeber das Vertrauen zu dem von ihnen selbst vorgeschlagenen Vorstandsmitglied für zerrüttet erklärten, fehle eine Grundlage für die Arbeit. Dem Vernehmen nach wollen die Gewerkschafter sicherstellen, dass die Arbeitgeber sie im Gegenzug bei ihren eigenen Nominierungen gewähren lassen. Der Bundesrechnungshof prüft derzeit das Reiseverhalten der Verwaltungsräte. Laut vorläufigem Bericht bekamen mehrere Räte zum Beispiel ohne Rückfragen Übernachtungen im Fünf-Sterne-Hotel erstattet. Die Abrechnung von Mietwagen mit überwiegend privater Nutzung erzeuge den "Anschein privater Vorteilsnahme". Sowohl Holsboer-Gegner als auch Unterstützer betonten, das Bekanntwerden der Prüfung der Reisekosten habe Holsboer nicht genutzt.

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