Exzellenzstrategie:22 Unis spielen um den Elite-Titel

Exellenzinitiative - Universität Bremen

So sehen Sieger aus: Die Uni Bremen war in der letzten Runde in den Elite-Kreis gerückt - und zeigte das stolz.

(Foto: Ingo Wagner/dpa)

An diesem Freitag ist das Finale der Exzellenzstrategie. Die Entscheidung wird die Universitäten auf Jahre hinaus in eine erste und eine zweite Liga sortieren.

Von Jan-Martin Wiarda

Wolfram Ressel weiß genau, was er am Freitag um 16 Uhr macht. Er wird im Beach-Club stehen, auf der Sandfläche, die Studenten diesen Sommer mitten auf dem Campus Vaihingen aufgeschüttet haben, in der Hand vielleicht einen Cocktail, noch alkoholfrei, um ihn herum ein paar hundert Wissenschaftler und Uni-Mitarbeiter. Und sie alle werden auf die Leinwand starren, auf der die Übertragung aus Bonn läuft. Hoffentlich. Wenn die Leitung nicht zusammenbricht. "Und dann schauen wir mal, ob gejubelt wird oder nicht", sagt Ressel, Rektor der Universität Stuttgart.

Partys, Bier, Public Viewings: Seit drei Jahren läuft das akademische Rennen um Geld, Ruhm und Ehre, offizielle Bezeichnung: "Exzellenzstrategie", und die letzte Entscheidung begehen die im Wettbewerb verbliebenen Universitäten wie ein WM-Finale. In gewisser Weise ist sie das auch für die 19, die es durch mehrere K.o.-Runden bis hierher geschafft haben. Nur maximal elf werden auf der Liste stehen, die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Freitag bei der Pressekonferenz im Bonner Wissenschaftszentrum vor sich liegen hat. Nur sie dürfen sich für mindestens die kommenden sieben Jahre "Exzellenzuniversitäten" nennen. Und eine von den elf, so hofft Ressel, wird Stuttgart sein.

Das Rad, das für die "ExStra" gedreht wurde, war riesig. Die 63 Universitäten, die ursprünglich an den Start gingen, reichten 195 sogenannte Antragsskizzen ein: Bewerbungen, um sich bewerben zu dürfen. Von den 195 wurde 88 Projekten gestattet, den Gutachtern in Form von Vollanträgen ihre Idee eines Forschungsverbundes ("Cluster") schmackhaft zu machen. Von den 88 wiederum wählten Wissenschaftler, Landesminister und Bundesministerin im vergangenen September 57 aus. Sie bekommen sieben Jahre lang im Schnitt knapp sieben Millionen Euro - jedes Jahr.

Doch damit war das Rennen noch nicht zu Ende. Von den ursprünglich 63 Universitäten schafften zwar 34 mindestens ein Cluster, aber nur 17 mindestens zwei - die Voraussetzung, um für den Titel "Exzellenzuniversität" dabei zu bleiben. Zu den 17 hinzu kommen zwei Uni-Bündnisse, eines aus Hannover, eines aus Berlin, deren Partner jeweils gemeinsam die Exzellenz-Krone erringen wollen. Insgesamt sind damit 22 Hochschulen im Rennen.

Es ist ein Wettbewerb, der Emotionen freisetzt. Bei denen, die ihn als oberflächlich, ja neoliberal ablehnen, als Ablenkung von der eigentlichen Wissenschaft. Und bei denen, die auf die Millionen hoffen, weitere bis zu 15 pro Jahr für einen Einzelbewerber wie Stuttgart, und vor allem auf den Glanz, der damit einhergeht in einer Hochschullandschaft, die sonst oft mit maroden Gebäuden und schlechten Arbeitsverträgen Schlagzeilen macht.

Fest steht: Die letzten Monate gab es in vielen Rektoraten kaum ein anderes Thema, Entscheidungen wurden aufgeschoben bis zum Tag X. Das "ExStra"-Finale wird die Universitäten auf Jahre hinaus in eine erste und eine zweite Liga sortieren. Vor allem, weil es den Siegern, das zeigte der Vorläufer Exzellenzinitiative, gelingt, mit dem Glitzertitel immer noch mehr Fördergelder an Land zu ziehen.

Gekürt wird, wer den Gutachtern die überzeugendste Zukunftsvision präsentieren konnte, faszinierend soll sie sein und plausibel zugleich. Es geht um wissenschaftliche Exzellenz und um das, was Fachleute "Strategiefähigkeit" nennen. Aber nicht nur, dafür werden die Wissenschaftsminister im Entscheidungsgremium sorgen. Sie werden auf die geografische Verteilung schauen, womöglich auch darauf, dass ihr eigenes politisches Lager genügend Erfolge vorweisen kann.

Die Spannung ist groß: Kommen die drei Berliner Universitäten samt Charité mit ihrem Verbundantrag durch? Der Jubel in der Hauptstadt wäre riesig, ihr Ausscheiden fast ein wissenschaftspolitisches Erdbeben. Was ist mit der Uni Bonn, die am meisten Cluster erringen konnte, aber bei der alten Exzellenzinitiative nie den Titel schaffte? Wird die TU Dresden erneut Elite - als einzige ostdeutsche Uni, nachdem nur vier der 57 Cluster in die neuen Länder gingen? Schaffen es die beiden Münchner Unis LMU und TU erneut, die anders als die Berliner getrennt angetreten sind? Und was ist mit Baden-Württemberg, das mit sechs Kandidaten die meisten vorweisen kann, dabei klingende Namen wie Heidelberg, Freiburg und Tübingen? Graben die sich am Ende gegenseitig das Wasser ab?

Die Stuttgarter haben ihrer Vision den ingenieurlastigen Titel "Intelligente Systeme für eine zukunftsfähige Gesellschaft" gegeben - passend für eine Technikhochschule. Wolfram Ressel, 58, ist selbst Bauingenieur und seit 2006 Rektor. Der Freitag könnte der wichtigste Tag seiner Amtszeit werden. Er sagt: "Wir sind froh, dass wir so weit gekommen sind." Tatsächlich gehört seine Uni nicht zu den Favoriten, aber was heißt das schon in so einem Wettbewerbsfinale?

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