Marihuana-Konsum in den USA:Kiffer helfen der Süßwarenindustrie

Cannabis at Europe CBD Expo 2019

Behälter mit Süßigkeiten auf einer Messe für Cannabisprodukte in London. In einigen US-Bundesstaaten wirkt sich die Legalisierung bereits auf die Umsätze von Herstellern von Knabberartikeln und Süßwaren aus.

(Foto: Bloomberg)
  • Die Hersteller von Süßigkeiten und salzigen Knabberartikeln profitieren von der Legalisierung von Cannabis in zahlreichen US-Bundesstaaten.
  • Fast-Food-Läden machen sich den Heißhunger der Kiffer zunutze und siedeln sich direkt neben Cannabis-Verkaufsstellen an.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es sei aus aktuellem Anlass noch einmal an eine grandiose Geschäftsidee erinnert: Im Februar 2018, Marihuana war in Kalifornien gerade als Genussmittel legalisiert worden, positionierte sich eine junge Pfadfinderin vor einer Apotheke und bot dort ihre Girl Scout Cookies feil. Sie hatte von den sogenannten Munchies gehört, den Fressattacken von Leuten, die Gras konsumiert hatten. Es funktionierte: Das neun Jahre alte Mädchen verkaufte 300 Packungen mit süßen Keksen darin und nahm so innerhalb von sechs Stunden mehr als 1200 Dollar ein.

Das US-Marktforschungsinstitut Nielsen hat nun eine Studie veröffentlicht, der zufolge es auch auf höherer Ebene einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Marihuana und Snacks geben könnte. Der Umsatz in der Knabbersachenbranche ist in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen, bei süßen Snacks um knapp zwei Prozent auf 6,5 Milliarden Dollar und bei salzigen um mehr als sechs Prozent auf 29,9 Milliarden Dollar. So weit, so normal, die Amerikaner lieben nun mal Kartoffelchips, Erdnüsse und Käsepuffer, Schokoriegel, Fruchtgummistangen und Bonbons.

Doch bei genauerer Betrachtung wird es interessant: In den zehn US-Bundesstaaten, in denen Marihuana als Genussmittel erlaubt ist, ist der Umsatz mit Süßigkeiten um zwei Prozent gestiegen, in allen anderen nur um 1,3 Prozent. Die Steigerungsrate bei Snacks insgesamt, also süßen und salzigen, liegt in den Cannabis-Staaten bei 7,3 Prozent und in den anderen bei sechs Prozent. Forscher der Yale University haben bereits im Jahr 2015 festgestellt, dass beim Genuss von Marihuana Neuronen aktiviert werden, die für Hunger und Völlegefühl zuständig sind. "Es ist, als würde man bei einem Auto auf die Bremse treten und trotzdem plötzlich schneller fahren", sagt Tamas Horvath, Leiter der Studie: "Unser Gehirn wird ausgetrickst - wir haben Hunger, obwohl wir satt sind."

Nur in drei Bundesstaaten ist Marihuana komplett verboten

All das dürfte die Snack-Industrie erfreuen. Illinois wird im kommenden Jahr der elfte Bundesstaat sein, in dem Marihuana als Genussmittel erlaubt sein wird. In 22 Staaten ist es als Arzneimittel zugelassen, in 14 weiteren als Medikament mit reduziertem THC-Gehalt. Nur in Idaho, Nebraska und South Dakota ist Marihuana komplett verboten.

In den Bundesstaaten, in denen es legal ist, gibt es Marihuana in fast allen Formen, die man sich vorstellen kann - und die Lebensmittelbranche macht sich das zunutze. In Los Angeles zum Beispiel findet man am Flughafen eine Filiale der Cannabis-Kette Medmen - und in Laufweite 16 Fast-Food-Läden mit Burgern, Pizza, Tacos, Chicken Wings und Ramen-Nudeln. Direkte Nachbarn von Medmen sind ein Pfannkuchen-Restaurant und ein Geschäft für Frozen Yoghurt, auf den man Süßigkeiten träufeln soll.

"Natürlich gibt es einen Zusammenhang; neben vielen Marihuana-Apotheken haben mittlerweile Wirtshäuser oder Lebensmittelgeschäfte eröffnet", sagt Medmen-Mitarbeiter John, und er bietet einem sogleich eine Alternative zu Fast Food und Süßigkeiten nach Cannabis-Genuss an: Brownies mit THC darin - oder wie er es nennt: "das Perpetuum Mobile der Munchies".

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