Nachruf:Hagen Mueller-Stahl ist tot

Hagen Mueller-Stahl, geboren 1926 in Tilsit, ist der ältere Bruder von Armin Mueller-Stahl. Er führte Regie und war auch als Film- und Fernsehschauspieler tätig. (Foto: imago stock&people)

Der Dramaturg, Theaterregisseur und Fernsehmacher ist im Alter von 92 Jahren gestorben.

Von Christine Dössel

Sucht man nach ihm im Internet, tauchen fast ausnahmslos Informationen und Texte über seinen Bruder auf. Was zur Biografie von Hagen Mueller-Stahl fest dazugehört, stand er doch ein Leben lang im Schatten des vier Jahre jüngeren, erst als Musiker, dann als Schauspieler, später auch noch als Maler reüssierenden Armin Mueller-Stahl. Hagen, ebenfalls Schauspieler, wurde zwar nie so berühmt wie sein Bruder, hat aber als Dramaturg und Regisseur das deutsche Theater vor allem der 50er- und 60er-Jahre mitgeprägt.

Geboren am 21. September 1926 im ostpreußischen Tilsit, wuchs Hagen Mueller-Stahl mit vier Geschwistern in einer kunstsinnigen Familie auf, die 1938 nach Prenzlau übersiedelte. Nach dem Krieg studierte er Germanistik und Theaterwissenschaft in Berlin, begann danach als Dramaturg und Regisseur am Theater am Schiffbauerdamm und an der Volksbühne. Von 1962 bis 1969 war er Hausregisseur an der damals neu gegründeten Schaubühne am Halleschen Ufer und trug mit seinen Inszenierungen zur Durchsetzung des dezidiert gesellschaftskritischen Spielplans bei. Dazu zählten Arnold Weskers "Tag für Tag" und "Nächstes Jahr in Jerusalem", Martin Sperrs "Jagdszenen aus Niederbayern", Horváths "Kasimir und Karoline", Marieluise Fleißers "Der starke Stamm", auch Stücke von Brecht. Es folgte ein Engagement bei der Toneelgroep Centrum Amsterdam und am Nationaltheater Mannheim. Am Bayerischen Staatsschauspiel inszenierte er 1972 Ibsens "Volksfeind". Von 1976 bis 1978 war er Schauspieldirektor in Kassel. Generell stand Mueller-Stahl für ein realistisches, engagiertes, fortschrittliches Theater. Seit den Neunzigern war er hauptsächlich fürs Fernsehen tätig. Am 4. Juli ist er nach schwerer Krankheit 92-jährig gestorben.

© SZ vom 16.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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