Studie:Einerlei

Eine Untersuchung des Reuters Instituts der Universtität Oxford zeigt, dass in vielen Redaktionen zu wenig Vielfalt herrscht. Nicht nur in Deutschland - und nicht nur, was die Herkunftsländer der jeweiligen Redaktionsmitglieder angeht.

Von Kathrin Müller-Lancé

Es gibt einen Bruch zwischen der Gesellschaft und denen, die darüber berichten: Das ist nicht nur das Gefühl vieler Medienkonsumenten, sondern auch das Ergebnis einer neuen Studie, die das Reuters Institute der Universität Oxford am Montag veröffentlicht hat.

Der Journalismus sei noch immer ein Beruf für "weiße Kinder aus privilegierten Milieus", Bewerber aus migrantischen oder Arbeiterfamilien seien die Ausnahme, lautet ein ernüchterndes Fazit.

Die Studie wurde in Deutschland, Schweden und Großbritannien durchgeführt. Sie stützt sich auf Interviews mit Redaktionsmitgliedern, Chefredakteurinnen und Chefredakteurinnen, Leitern von Journalistenschulen und Studierenden. Die Befragung ist qualitativ, also nicht im statistischen Sinne repräsentativ.

Die Antworten zeigen: Junge Journalisten mit Migrationshintergrund werden überall gesucht. Aber sie hätten aufgrund kultureller und sprachlicher Barrieren nicht nur schlechtere Chancen bei der Bewerbung, sondern müssten häufig auch gegen Misstrauen innerhalb ihrer Familien ankämpfen, die Journalismus für einen wenig ehrenwerten oder zukunftsträchtigen Beruf hielten. Auch Menschen aus sozial schwächeren Schichten haben es der Studie zufolge schwer, im Journalismus Fuß zu fassen.

Abseits der klassischen Mittelstandsfamilie mangele es häufig an Vorbildern, an finanziellem und kulturellem Kapital. Eine weitere Erkenntnis: In den großen städtischen Redaktionen fehlt es laut den Befragten an Journalisten, die vom Land stammen. Das habe sich vor allem bei der Wahl von Donald Trump und dem Brexit-Referendum gezeigt: Die Medien hätten die Unzufriedenheit abseits der Metropolen nicht wahrgenommen.

Gemessen an der Dringlichkeit, mit der das Thema Vielfalt in der Branche diskutiert würde, "verfügen überraschend wenige Organisationen über konkrete entsprechende Programme", so die Studie. Auch reiche es nicht aus, den Bewerberpool zu erweitern, solange weiterhin strukturelle Formen von Diskriminierung bestünden. "Vielfalt ist kein nettes, aber im Zweifelsfall entbehrliches Extra", heißt es im Text. Vielfältige Redaktionen produzierten auch vielfältigere Inhalte - durch einen besseren Zugang zu bestimmten Quellen und gesellschaftlichen Gruppen, aber auch durch an ein heterogeneres Publikum angepasste Erzählformen.

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