"Too Good To Go":Eine App gegen Lebensmittelverschwendung

Lesezeit: 3 min

Immer häufiger entscheiden sich gerade junge Menschen für Gemüse, statt Fleisch. (Foto: dpa/obs/Demobetriebe Ökologischer Landbau/Billesberger Hof, Moosinning)

Die App "Too Good To Go", die Warenüberschuss in Restaurants und Supermärkten an Kunden vermitteln will, hat sich im Landkreis Freising noch nicht durchgesetzt. Genutzt wird sie derzeit vor allem am Flughafen.

Von Florian Beck, Freising

Eine App schlägt derzeit große Wellen. Eine App, die nicht dazu da ist, sich mit seinen Freunden zu vernetzen oder Urlaubsfotos zu versenden, sondern in gewisser Weise dazu dient, sein Mittagessen mit der Welt zu teilen. Sie nennt sich "Too Good To Go" und wendet sich gegen Lebensmittelverschwendung, indem sie Betrieben wie etwa Restaurants oder Supermärkten, bei denen regelmäßig ein Überschuss an Waren entsteht, eine Plattform bietet, diese gegen einen kleinen Betrag an Kunden abzugeben. Die App hat bereits über elfeinhalb Millionen Nutzerinnen und Nutzer in 13 Ländern gewonnen, allein in München bieten über 100 Betriebe ihre überschüssigen Lebensmittel zum Verkauf. Im Landkreis Freising ist das Angebot dagegen noch recht dürftig.

Zwar könnten es Unternehmen mit Hilfe der App vermeiden, eigentlich noch ess- und haltbare Lebensmittel einfach in den Müll schmeißen zu müssen, gleichzeitig würden die Konsumenten bares Geld sparen und trotzdem hochwertige Produkte bekommen. Im Freisinger Stadtgebiet ist dennoch noch kein einziges Unternehmen bei "Too Good To Go". Lediglich am nahen Münchner Flughafen finden sich mehrere Angebote.

Kommentar
:Es geht nicht um eine Geschäftsidee

Alle Maßnahmen gegen die alltägliche Verschwendung können wunderbar nebeneinander funktionieren

Von Henrike Schulze-Wietis

Darunter sind unter anderem die "Käfer Genusswerkstatt", das "Surf and Turf" und die beiden "Coffee Fellows"-Filialen. Sie alle bieten jedem Interessierten, der bereit ist, dafür einen Betrag von circa vier Euro auszugeben, ein breites Spektrum an Produkten von Panini und Lachs-Avocado-Wraps über Kuchen und Müsli bis hin zu Backfischsemmeln, Suppe oder gar Sushi an. "Verschwendung zu vermeiden, ist hier am Flughafen eh ein Riesenthema", erzählt Elke Kutscher, Abteilungsleiterin bei "Allresto".

Viele der Unternehmen beliefern vor allem Angestellte

Die Gesellschaft führt nach eigener Angabe rund 85 Prozent aller gastronomischen Einrichtungen am Münchner Flughafen, darunter eben auch die "Käfer Genusswerkstatt", das "Surf and Turf" und die beiden "Coffee Fellows"-Filialen. Als nächstes soll noch die ebenfalls von der Gesellschaft geleitete "Sportalm" bei "Too Good To Go" einsteigen, man wolle nämlich "in möglichst vielen Bereichen darauf achten, weniger Lebensmittel zu verschwenden", so Kutscher weiter.

Doch nicht nur am Flughafen wird versucht, nachhaltiger mit Lebensmitteln umzugehen, auch das "Moxy"-Hotel in Oberding verkauft beispielsweise täglich die Reste seines Frühstücks-Buffets über "Too Good To Go". Meist würden die von Arbeitern des Flughafens gekauft, die ein wenig Abwechslung für ihre Mittagspause wollen, verrät eine Mitarbeiterin. Jeden Tag kämen so zwei bis drei Bestellungen zusammen, ähnlich wie auch bei den Unternehmen direkt am Flughafen, die ebenfalls im Moment noch vor allem Angestellte beliefern.

Eine neue App soll helfen, die Lebensmittelverschwendung in den Griff zu bekommen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die App als Konkurrenz zur Tafel?

Trotz der zumindest im Moment noch eher dünnen Angebotslage im Freisinger Stadtgebiet könnte "Too Good To Go" eines Tages den lokalen Tafeln den Rang ablaufen, befürchten Kritiker. "Das kann durchaus eine Konkurrenz werden, wenn Supermärkte deswegen in Richtung Null disponieren", bestätigt Freisings Tafelleiter Gerold Blaumoser. Den Tafeln, die neben privaten Sach- und Geldspenden eben auch auf Sachspenden von Supermärkten angewiesen sind, könnte natürlich ein Standbein wegbrechen, sollten diese Märkte ihre nahe an der Mindesthaltbarkeitsgrenze liegenden Produkte lieber gewinnbringend verkaufen anstatt sie zu spenden. Doch aktuell droht den Tafeln dieses Schicksal wohl eher nicht: Predrag Stanisic, Marktleiter der Rewe-Filiale in den Schlüterhallen, ist das Konzept von "Too Good To Go" zwar nicht bekannt, er spendet aber einen Großteil der Lebensmittel seines Geschäfts, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen, an die Tafel und möchte das auch so beibehalten. "Der Mehraufwand ist es mir ehrlich gesagt nicht wert", so Stanisic.

Auch für den Denn's Biomarkt in Neustift kommt die App "Too Good To Go" nicht in Frage. "Als ich noch in Erding Marktleiter war, haben wir tatsächlich mal ein Angebot von dieser App bekommen", erzählt Johannes Frankl, der damals ablehnte und inzwischen den Freisinger Markt leitet. Dort werden Lebensmittel, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen, mit Rabatten von bis zu 50 Prozent versehen. "Bei uns bleibt eigentlich kaum was übrig, und wenn, dann geht das an die Tafel", so Frankl weiter.

Dass Tafeln und "To Good To Go" tatsächlich nicht zwingend rivalisieren müssen, wird an der Zielgruppe deutlich: Sich bei der Tafel bedienen darf nur, wer nachweisen kann, dass er unter einem bestimmten Einkommensniveau liegt. Dafür muss der- oder diejenige dann im Gegensatz zu den Angeboten der App-Neuheit aber auch kein Geld für seine Waren bezahlen. Auch nehmen die Tafeln lediglich unverarbeitete Güter an, wohingegen bei "Too Good To Go" auch viele fertig zubereitete Speisen angeboten werden.

© sz.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Prozess
:Essen aus dem Müllcontainer - eine Frage der Moral

Zwei Studentinnen wollten etwas gegen Lebensmittelverschwendung unternehmen und wurden beim Containern erwischt. Vor Gericht fällt das Urteil nun milde aus.

Von Ulrike Heidenreich

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: