Zugverkehr:Die neue Stimme am Gleis

Neue Stimme für Durchsagen in DB Bahnhöfen

Der neue Mann am Mikrofon der Deutschen Bahn: Heiko Grauel.

(Foto: Andreas Arnold/dpa)

Die Deutsche Bahn hat einen neuen, allerdings recht verschwiegenen Ansagen-Sprecher: Heiko Grauel. Er musste sich gegen Hunderte Mitbewerber durchsetzen.

Von Max Sprick

Heiko Grauel spricht mit einer Stimme, von der man sich auch Telefon- oder Physikbücher vorlesen lassen würde. Stundenlang. So eine Stimme, die den Zuhörer nach zwei Silben berührt und die im Kopf bleibt. Selbst wenn sie sagt, dass sie leider nichts sagen darf. Grauel, 45, ist professioneller Sprecher, natürlich. Für Werbung, Computerspiele, Hörbücher. Und seit Neuestem auch: für die Deutsche Bahn. Gegen Hunderte Bewerber hat er sich durchgesetzt, hat mehr als 2000 DB-Mitarbeiter überzeugt und wurde von einer Jury ausgewählt, die ihn als "besonders verständlich und sympathisch" bewertete. Bis zum Jahresende soll Grauel an den ersten Bahnhöfen zu hören sein, nach und nach dann alle 20 Millionen Reisende pro Tag mit seinen Ansagen informieren.

Klar, darüber würde man sich gern mit ihm unterhalten. Geht aber nicht. Am Telefon verweist er auf die Pressestelle, welche die Anfragen sammelt. Die fielen so zahlreich aus, dass ein Gespräch leider nicht zu vermitteln sei, heißt es von der Bahn. Dass ihn so viele Menschen künftig hören, sei "überwältigend", sagte Grauel immerhin der dpa. Er werde wahrscheinlich in Zukunft weniger Zug fahren, "dafür mehr auf Bahnsteigen stehen und mal zuhören".

Um Heiko Grauel zu hören, klicken Sie bitte hier:

"Eine angenehme Stimme ist sehr oft mit sonst übrigens guten Eigenschaften des Leibes und der Seele verbunden", hat schon Georg Christoph Lichtenberg gesagt, der im 18. Jahrhundert Physik lehrte. Ob er das ähnlich hörenswert tat, wie Grauel nun Ansagen vorliest, ist nicht einwandfrei überliefert. Wohl aber, dass sein Spruch ganz gut in die Gegenwart passt. Da kommen fast ein Drittel aller DB-Fernzüge zu spät, da kämpft die Bahn mit einem alten Streckennetz und bremst selbst ihren Verkehr mit so vielen Baustellen wie noch nie. Kurz: Viele Menschen stehen wie Grauel öfter mal am Bahnsteig, statt zu fahren, die Eigenschaften von Leib und Seele der Deutschen Bahn sind nicht wirklich gut.

Nun ist die menschliche Stimme natürlich auch Instrument, sie kann ihre Zuhörer beeinflussen, kann beruhigen, unterhalten, besänftigen. Lautsprecher-Ansagen prägen unsere Kultur, man soll ihnen Folge leisten. Oder sie im Internet sammeln, wenn sie mal lustig sind und nicht vom Band kommen. Grauel sei "die akustische Visitenkarte der DB in allen Bahnhöfen", teilt eine Bahn-Sprecherin mit.

Glaubwürdig und verständlich

Seine Stimme solle glaubwürdig und verständlich für alle sein. Automatisiert mit einer neuen Technologie, die nach 20 Jahren neue Stimmaufnahmen und so einen neuen Sprecher erforderte, der die bisherige Frauenstimme ablöst. Die Technik soll flüssigere, flexiblere Ansagen ermöglichen, sie bildet aus einzelnen Lauten Wörter und Sätze. Grauel hat mehr als 14 000 Zeilen eingesprochen.

Glaubt man aber dem katholischen Pädagogen Lorenz Kellner aus dem 19. Jahrhundert, und man möchte im Fall der Bahn wirklich mal Gutes glauben, könnten weit weniger Zeilen reichen. Auch um Verspätungen anzukündigen. Am besten wäre ja, Grauel müsste gar nichts Negatives mitteilen. Also auf Grauel hören und an Kellner denken. Ihm zufolge ist ein jeder Klang aus voller Seele allein schon eine wirkungsvolle Tat.

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