Lebensmittel:Zuckerbomben zum Frühstück

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Trotz Hersteller-Verpflichtung zur Zuckerreduktion: Joghurts für Kinder enthalten weiter zu viel Zucker. (Foto: Rolf Vennenbernd/PA/dpa)
  • Kinder nehmen jeden Tag erheblich mehr Zucker zu sich als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen.
  • In einzelnen Produkten wie bestimmten Joghurtsorten ist der Zuckergehalt extrem hoch.
  • Foodwatch schiebt die Schuld der Lebensmittelindustrie zu, die wiederum spricht von einem "hochgradig unseriösen" Vorgehen.

Von Tobias Bug

Deutschlands Kinder werden immer dicker, klagt die Verbraucherorganisation Foodwatch. 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen seien übergewichtig oder fettleibig. Im Vergleich zu den Achtziger- und Neunzigerjahren sei das ein Anstieg um die Hälfte. Das liege mitunter daran, dass Kinder heute viel zu viel Zucker essen würden: Laut Foodwatch nehmen sie am Tag bis zu 75 Prozent mehr Zucker zu sich, als von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen.

Foodwatch hat dafür einige Schuldige ausgemacht: Die Hersteller von Frühstücksflocken und Kinderjoghurts, die ihre Produkte mit grellen Farben und lachenden Figuren oder Tieren für die jüngsten Verbraucher bewerben. Obwohl sich die Unternehmen verpflichtet hatten, die Zuckeranteile zu verringern, enthielten ihre Produkte immer noch viel zu viel Zucker. Die kommen bei Kindern sehr gut an: Laut einer Studie isst mehr als jedes fünfte Kind jeden Morgen Frühstücksflocken, sieben Prozent sogar mehrmals täglich. "Joghurts und Frühstücksflocken, die mit bunten Comicfiguren an Kinder vermarktet werden, sind die reinsten Zuckerbomben", sagt Manuel Wiemann von Foodwatch.

Besonders viel Zucker im "Mars Mix mit Karamellsauce"

In einer Marktstudie untersuchte die Verbraucherorganisation insgesamt 110 Produkte, die es in den sechs großen Supermarktketten Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl, Real und Rewe zu kaufen gibt. Das Ergebnis: Alle untersuchten Kinderjoghurts und neun von zehn Frühstücksflocken enthielten mehr Zucker als von der WHO empfohlen. Die größte "Zuckerbombe" unter den Joghurts sei der "Mars Mix mit Karamellsauce" von Danone gewesen.

Er besteht zu einem Fünftel aus Zucker. Zum Vergleich der Richtwert der WHO: Mehr als zehn Prozent Zucker sollte ein Joghurt, der für Kinder beworben wird, nicht enthalten. Sogar der Joghurt mit dem geringsten Zuckergehalt, der "Biene Maja Himbeere Joghurt" von Bauer, übersteigt diesen Wert - wenn auch nur knapp. Unter den Frühstücksflocken schnitten die "Frosties" des Herstellers Kellogg am schlechtesten ab. 100 Gramm "Frosties" enthalten 37 Gramm Zucker, das entspricht sieben Zuckerwürfeln pro Portion. Damit übersteigt der Zuckeranteil den von der WHO vorgegebenen Maximalgehalt von 15 Prozent um deutlich mehr als das Doppelte.

Ein Hersteller kritisiert die Untersuchung als einseitig

Im Kampf gegen Übergewicht unter Kindern hatte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) mit den Herstellern Ende vergangenen Jahres eine freiwillige Selbstverpflichtung verabredet. In dieser versprechen Danone, Kellogg und Co., bis zum Jahr 2025 die Zuckeranteile in ihren Kinderfrühstücksflocken um ein Fünftel zu senken, und in Kinderjoghurts um ein Zehntel. Foodwatch reicht das nicht aus. Um den WHO-Vorgaben zu entsprechen, müssten die Zuckeranteile aller Frühstücksflocken im Schnitt um 40 Prozent reduziert werden, die der Kinderjoghurts um 30 Prozent. "Statt einen unwirksamen Pakt mit der Industrie zu schließen, sollte sich Julia Klöckner endlich für die Gesundheit von Kindern stark machen und das Kindermarketing für Zuckerbomben und ungesunde Snacks komplett verbieten", sagt Foodwatch-Experte Wiemann.

Heftige Kritik an der Studie kommt aus der Industrie: Das Vorgehen von Foodwatch sei "hochgradig unseriös", meint Gesine Studt vom Frühstücksflockenhersteller H. & J. Brüggen. Die Zuckermengen seien nicht mit denen anderer Lebensmittel ins Verhältnis gesetzt worden. Schokolade und Säfte enthielten deutlich mehr Zucker und würden viel stärker konsumiert. Sie verwies darauf, dass der Hersteller schon seit Längerem den Zuckergehalt in seinen Produkten schrittweise reduziere.

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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