Kunst und Kommerz:Die Augenbraue des Anstoßes

Parteitag der britischen Konservativen

Ein Frida-Kahlo-Armband am Handgelenk der britischen Premierministerin Theresa May.

(Foto: Joel Goodman/dpa)
  • Die Zeitschrift Vanity Fair nannte Frida Kahlo einmal eine "politisch korrekte Heldin für jede Minderheit".
  • Weil viele Menschen Kahlo und ihre Kunst mögen, ist die mexikanische Malerin auch für viele Unternehmen attraktiv.
  • Es gibt Kahl-Kosmetik, T-Shirts, Taschen, Kahlo-Kaffeefilter, Tequilla und sogar Monatsbinden.
  • Seit Jahren tobt ein Streit um die Markenrechte.

Von Christoph Gurk

Es gibt in der modernen (Pop-)Kultur nur wenige Figuren, auf die sich nun wirklich alle einigen können. Frida Kahlo gehört dazu. Ihre Bilder hängen als Original in den bedeutendsten Museen der Welt, als Poster in den Büros von Menschenrechtsorganisationen und als Armband-Miniaturen an Theresa Mays Handgelenk. Eine "politisch korrekte Heldin für jede Minderheit" nannte die Zeitschrift Vanity Fair Kahlo einmal, und man könnte meinen, wer sie ehrt, kann eigentlich kaum etwas falsch machen.

Doch erst vor ein paar Wochen hat das Archiv der nationalen Phonothek Mexikos eine Tonbandaufnahme veröffentlicht, auf der die Stimme der Künstlerin zu hören sein soll. Es wäre das einzige Tondokument Kahlos. Allerdings hat die Geschichte einen Haken: Noch lebende Schüler der Malerin erkannten die Stimme auf dem rauschenden Band nicht und tippten vielmehr auf eine professionelle Radiosprecherin aus jenen Tagen. Nun soll eine vergleichende Studie die Sache klären.

Kaum hatte sich die Aufregung etwas gelegt, legte der US-Kosmetikkonzern Ulta Beauty Anfang Juli, pünktlich zum Geburtstag, eine neue Make-up-Reihe auf, verziert mit Unterschrift und dem Konterfei der Künstlerin. Es gibt einen Kahlo-Lidschatten, einen Kahlo-Lippenstift und ein extra Pinselset, zum Schminken, nicht zum Malen, versteht sich - und Augenbrauenpuder nebst Bürste. Noch ehe die Produkte diese Woche in die Läden kommen sollen, hagelte es wütende Kommentare im Netz. Die Firma habe Kahlos Gesicht per digitaler Nachbearbeitung aufgehübscht. Ausgerechnet die markante Augenbraue sei auf den Porträts auf den Packungen kaum zu sehen. Viel schlimmer noch wiegt aber für viele, dass sich hier ein Konzern anschickt, gute Geschäfte zu machen mit einer linken Künstlerin, die Zeit ihres Lebens Kritik an den Auswüchsen des Kapitalismus übte.

Ulta ist nicht das einzige Unternehmen, das sich bei der Mexikanerin bedient hat. Es gibt heute nicht nur Kahlo-Kosmetika, sondern auch T-Shirts, Taschen und Tequila. Wer möchte, kann Kahlo-Kaffeefilter kaufen und sogar Monatsbinden. Welches Unternehmen dabei den Namen benutzen darf, bestimmt die Frida Kahlo Corporation, gegründet 2005 von einem venezolanischen Geschäftsmann und Isolda Pinedo Kahlo, Fridas Nichte und Erbin, die kurz darauf starb.

Seitdem tobt ein unappetitlicher Rechtsstreit um die Markenrechte. Kahlos noch lebende Nachfahren sehen das Erbe beschmutzt. Als der Spielwarengigant Mattel 2018 in Zusammenarbeit mit der Kahlo Corporation eine Frida-Barbiepuppe auf den Markt brachte, stoppten sie den Verkauf in Mexiko per einstweiliger Verfügung.

Was die Künstlerin selbst von all dem gehalten hätte? Schwer zu sagen. Einige Biografen glauben, dass Kahlo durchaus Gefallen an dem Rummel um ihre Person gefunden hätte, schließlich stellte sie sich oft in den Mittelpunkt in ihren eigenen Werken. Einige der berühmtesten kann man gerade auf Turnschuhen sehen. Sie stammen aus der Kahlo-Kollektion der Sneakermarke Vans. Vor ein paar Wochen erst ist die auf den Markt gekommen, und wer sich ein Paar kaufen möchte, kann dafür stilecht zur Frida-Designkarte von Mastercard greifen.

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