Biologie:Vibrationsalarm

Die Nester des Großen Brachvogels befinden sich am Boden, dadurch ist das Gelege vielen Gefahren ausgesetzt. (Foto: imago stock&people)

Schon ungeschlüpfte Küken reagieren auf ihre Umwelt und sind in der Lage, Geschwister in den Nachbar-Eiern im Nest vor Gefahren zu warnen. Der spezielle Vibrationsalarm hinterläasst auch nach dem Schlüpfen deutliche Spuren.

Von Tobias Herrmann

Wer bisher dachte, ein Ei sei ein abgeschotteter Bereich, der irrt: Wie Forscher im Magazin Nature Ecology & Evolution berichten, reagieren noch nicht geschlüpfte Küken der Mittelmeermöwe (Larus michahellis) auf Alarmsignale von außen und warnen ihre Geschwister durch Vibrieren. Die Ökologen Jose Noguera und Alberto Velando von der spanischen Universität Vigo ließen manche Eier eines Geleges mit aufgezeichneten Warnrufen der Eltern beschallen, während die restlichen als Kontrollgruppe im Stillen gehalten wurden. Dabei zeigte sich, dass die beschallten Küken auf die Warnrufe mit intensivem Wackeln antworteten, und diese Bewegungen auch beibehielten, sobald sie wieder zu ihren Geschwistern gelegt wurden. Nach dem Schlüpfen stellten die Wissenschaftler bei beiden Versuchsgruppen eine gesteigerte Wachsamkeit und erhöhte Level an Stresshormonen fest. Zwar wurde in früheren Studien bereits gezeigt, dass Vogelembryos Signale ihrer Umwelt wahrnehmen können - so stellen die Eltern durch Rufe beispielsweise sicher, dass alle Küken gleichzeitig schlüpfen. Der Unterschied zur aktuellen Studie liegt darin, dass nicht alle Embryos die Warnrufe hören müssen, sondern die "informierten" Embryos die Warnung an ihre Nestgenossen weitergeben. Die Forscher vermuten hier eine zusätzliche evolutionäre Absicherung, sodass sich auch Embryos, deren Gehörsinn möglicherweise noch nicht ausgeprägt genug ist, der drohenden Gefahr eines Räubers bewusst sind.

© SZ vom 24.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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