Aus dem Amtsgericht:Deckname: Schweinebraten

Ein Wirtspaar soll im Darknet Drogen bestellt haben. Nur einer der beiden Männer wird verurteilt - zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren.

Von Benjamin Engel

Vermehrt verkaufen Drogenhändler ihre Waren über Plattformen im abgeschotteten "Darknet". Fliegen sie auf, gelangen Ermittler an Daten von zahlreichen Kunden. So hatte die US-amerikanische Bundespolizei FBI die Plattform "Silk Road 2.0" ausgehoben und die Daten an europäische Behörden weitergeleitet. Damit kam die Weilheimer Kripo auf die Spur eines Gastwirtpaars aus dem Landkreis. Unter der Nutzerbezeichnung "Schweinebraten" waren auf die Namen der beiden heute 44 und 53 Jahre alten Männer 2013 und 2014 Marihuana, LSD-Trips, Ecstasy-Tabletten, Amphetamin und Kokaingemisch bestellt worden. 2017 fing die Polizei zwei Sendungen ab.

Inzwischen ist das Paar in einen anderen Landkreis umgezogen und hat dort einen neuen Betrieb. In Tracht mit kurzer Lederhose saßen die beiden am Montag vor einem Schöffengericht in Wolfratshausen. Schriftlich hatte der Jüngere der beiden Angeklagten nur eingeräumt, Marihuana bestellt zu haben. Zudem hatte er erklärt, dass sein Partner mit der Angelegenheit nichts zu tun habe. Das schilderte er auch in der Verhandlung. Den Namen seines Partners habe er für Bestellungen angegeben, ohne dass dieser davon wusste. Weil das Schöffengericht die Aussage nicht zweifelsfrei widerlegen konnte, wurde der ältere Angeklagte freigesprochen. Der Jüngere kam mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten davon. Zudem muss der Mann 3500 Euro an die Jugendhilfe Inselhaus zahlen.

"Es ist eigentlich fast kein Päckchen angekommen", berichtete der Kellner. Früher sei er bereits wegen Drogendelikten aufgefallen. Daher habe er gedacht, dass die Polizei etwas abgefangen haben könnte. So sei er auf die Idee gekommen, den Namen seines Lebensgefährten bei Bestellungen anzugeben. Der ältere Angeklagte beharrte darauf, nichts gewusst zu haben. "Ich selbst konsumiere nichts, kaufe nichts und verkaufe nichts", sagte er.

Über den Nutzernamen "Schweinebraten" waren die Ermittler auf Bestellungen an die Wohn und Gastwirtschaftsadresse der Angeklagten gestoßen. Auf Listen der Betreiber von "Silk Road 2.0" fanden sich Bewertungen für die Sendungen. Im Oktober 2017 hatte die Kripo zwei an den jüngeren der beiden adressierte Einwurfschreiben mit mehr als 60 Gramm Marihuana abgefangen. Darauf hatten die Beamten die Wohnung der Angeklagten durchsucht, 0,7 Gramm Haschisch gefunden, den PC und ein Notebook sichergestellt.

Zum Puzzlestück wurde es für die Ermittler, die Geräte auszuwerten. "Die waren ziemlich aufgeräumt, unzählige Daten waren gelöscht", berichtete ein technischer Beamter der Kripo. Doch es gelang, Fragmente etwa mit Kontodaten der Digitalwährung Bitcoin auf den Namen des jüngeren Angeklagten auszulesen.

Außerfrage stand für den Staatsanwalt, dass die Angeklagten die Drogen gemeinsam erworben hatten. Der Jüngere sei die treibende Kraft gewesen. Sein Lebensgefährte habe sich als Mittäter schuldig gemacht. Er forderte Bewährungsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten sowie einem Jahr und zwei Monaten.

Unter diesem Plädoyer blieb das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Helmut Berger. Der jüngere Angeklagte habe in 18 Fällen unerlaubt Drogen erworben, erläuterte dieser. Zudem sei der 44-Jährige wegen Besitzes zu verurteilen. Erhebliche Anhaltspunkte existierten zwar, dass dessen Lebensgefährte Mittäter sei. Aber zweifelsfrei verurteilen lasse sich der Angeklagte damit nicht. "Es bleibt uns nur übrig, Sie freizusprechen", sagte Berger.

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