Korea:Raketen ins Meer

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Raketentests des Nordens werden in Südkorea kritisch beäugt – von Politikern wie von Medienkonsumenten. (Foto: Jung Yeon-Je/AFP)

Nordkoreas Regime führt wieder ballistische Tests durch - die Reaktionen aus Washington dürften milde ausfallen. Dennoch steigt die Nervosität in der Region.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Nordkorea hat am Donnerstag zwei Kurzstreckenraketen abgefeuert. Sie wurden in der Nähe von Wonsan an Koreas Ostküste von mobilen Startrampen gestartet. Nach Angaben der südkoreanischen Armee flog die erste etwa 430, die zweite 630 Kilometer. Beide landeten im Meer.

Mehrere UN-Resolutionen verbieten Nordkorea ballistischen Test. Als Pjöngjang jedoch Anfang Mai nach fast anderthalb Jahren Pause "als Routineübung" wieder eine Rakete testete, spielte US-Präsident Donald Trump das herunter. Es sei ja nur eine Kurzstreckenrakete gewesen. Sieben Wochen später reiste er an die innerkoreanische Grenze, um sich mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zu treffen. Der Norden dürfte jetzt wieder mit seiner Milde rechnen. Vorerst gab es aus Washington keine Reaktion. Der Test dürfte die Denuklearisierungsgespräche, die schleichend vorbereitet werden, höchstens verzögern.

Nordkorea hat zu Wochenbeginn schon einmal seine militärischen Muskeln spielen lassen. Seine Medien berichteten, Kim habe einen neuen U-Boot-Typ inspiziert, von dem Raketen abgeschossen werden können. In Seoul interpretiert man den Raketenabschuss und die U-Boot-Berichte als Zeichen Nordkoreas, es sei mit dem Tempo der Vorbereitung für neue Gespräche unzufrieden und protestiere gegen die gemeinsamen Manöver der USA mit Südkorea, die im August stattfinden sollen. Und auch gegen Seouls Pläne, amerikanische Tarnkappenbomber zu kaufen. Die Manöver, Generalstabsübungen mit beschränktem Truppeneinsatz, finden jeden Sommer statt. Pjöngjang begleitet sie traditionell mit Säbelrasseln. 2018 hatte Trump sie ausgesetzt, Pjöngjang bezeichnet die Wiederaufnahme als Vertrauensbruch.

Nach Erkenntnissen der südkoreanischen Armeeführung hat Kim dem Test persönlich beigewohnt. Das ist keine Überraschung. Der Kim-Clan verbringt seine Sommer seit Jahrzehnten in einer Luxusresidenz am Meer bei Wonsan mit Privatstrand. Die Raketen dürften in dessen Nähe abgefeuert worden sein.

Der Test erfolgte zwei Tage, nachdem Moskau und Peking erstmals gemeinsame Bomberpatrouillen über das Japanische Meer schickten, das die Koreaner Ostsee nennen. Dabei verletzten die russischen Flugzeuge den Luftraum über den Liancourt-Felsen, den die Südkorea als "Dokdo" kontrollieren, die Japan aber als "Takeshima" für sich reklamiert. Seoul und Tokio streiten sich zur Zeit wieder über die Inseln. Falls es irgendwann zu einem Ausgleich zwischen Nord- und Südkorea kommen sollte, wird sich das Machtgefüge in Nordostasien neu ordnen - zumal das erstarkte China Hegemonialansprüche geltend macht und der Einfluss der USA nachlässt. Wie die Neuordnung aussehen könnte, dafür gibt es bisher kaum konkrete Vorstellungen. Doch mit Demonstrationen militärischer Stärke machen alle Seiten Ansprüche geltend.

© SZ vom 26.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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