Heidelberg:Nach Bluttest-Affäre tritt Medizin-Dekan zurück

Bluttest-Affäre an Heidelberger Uniklinik

Das Ansehen der Universität Heidelberg hat Schaden genommen.

(Foto: dpa)
  • Der Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg, Andreas Draguhn, räumt seinen Posten.
  • Hintergrund ist die Affäre um einen Bluttest auf Brustkrebs, der sehr früh und unkritisch angepriesen wurde.

Von Werner Bartens

Die Universität Heidelberg kommt nicht zur Ruhe. Wie die medizinische Fakultät der Hochschule bekannt gab, tritt Andreas Draguhn, der bisherige Dekan, mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurück. Der Physiologe hatte die Funktion erst am 1. Oktober 2018 übernommen, war jedoch in der Affäre um den unausgereiften Bluttest auf Brustkrebs der Firma HeiScreen zunehmend in die Kritik geraten.

"Das Handeln des Dekans im Verlauf der HeiScreen-Affäre ist zum Gegenstand offizieller Untersuchungen geworden und wird in Teilen der Öffentlichkeit anhaltend kritisch diskutiert", teilt Draguhn in distanzierter dritter Person über sich selbst mit. "Mit meinem Entschluss möchte ich hierfür die Verantwortung übernehmen und hoffe, damit dem Amt, der Fakultät und der Universität zu dienen." Als Abteilungsleiter Neuro- und Sinnesphysiologie am Institut für Physiologie und Pathophysiologie werde er aber auch weiterhin an der Universität tätig sein, erklärte die medizinische Fakultät.

Im Februar dieses Jahres hatte der Chef der Heidelberger Unifrauenklinik, Christof Sohn, öffentlichkeitswirksam in der Bild-Zeitung einen Bluttest auf Brustkrebs angepriesen, den er gemeinsam mit seiner Kollegin Sarah Schott entwickelt habe. Der Test sei in einer universitären Ausgründung, der Firma HeiScreen, entstanden.

Experten erkannten allerdings sofort, dass die vermeintliche Weltsensation nicht die Anforderungen an seriöse Untersuchungen erfüllte - erst recht nicht, wenn es um eine solche diagnostische Tragweite geht, also die Frage, ob eine Frau Krebs hat oder nicht. Der Test war zu ungenau, es lagen auch nicht genügend Erfahrungen aus der Praxis vor. Zudem fehlte eine seriöse Publikation, mit der sich der klinische Nutzen oder ein Vorteil für die betroffenen Frauen hätte belegen lassen, was in der Wissenschaft als zwingender Standard gilt, bevor ein Test als nahezu marktreif ausgerufen wird.

Aus dem erhofften PR-Coup wurde ein Desaster. An der Uni Heidelberg schoben sich die Beteiligten gegenseitig die Schuld zu; zudem wurde spekuliert, welche Rolle dubiose Berater im Vorfeld der Erstveröffentlichung spielten. Baden-Württembergs Landtag kritisierte die Uniklinik und deren Aufsichtsrat, die Staatsanwaltschaft ermittelt unter dem Verdacht des Insiderhandels. Die Heidelberger Hochschule sorgte sich zudem, dass sie ihren Exzellenzstatus und damit etliche Fördermillionen verlieren könnte. Als Exzellenz-Uni gilt Heidelberg nun weiterhin. Zur Exzellenz gehöre auch die exzellente Aufklärung möglichen Fehlverhaltens, hatte ein Sprecher der Deutschen Forschungsgemeinschaft kurz nach Bekanntwerden des Skandals gesagt. Aufklärung wäre aus Heidelberg also noch zu erwarten.

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