Ramersdorf/Perlach:Die Skepsis überwiegt

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Beispiel Hanns-Seidel-Platz: Wäre die Bebauung von Neuperlachs Zentrum ein geeignetes Thema für eine Stadtteilkonferenz? (Foto: Florian Peljak)

Im Bezirksausschuss zweifelt man, ob durch Stadtteilkonferenzen Bürger tatsächlich besser in örtliche Planungen einbezogen werden können

Von Hubert Grundner, Ramersdorf/Perlach

Ziemlich reserviert, wenngleich nicht offen ablehnend, steht der Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach zur Idee einer Stadtteilkonferenz. Eine solche hatte eine große Mehrheit der Teilnehmer in der Bürgerversammlung für Ramersdorf gefordert. Doch die Reaktion der Lokalpolitiker in der jüngsten BA-Sitzung dürfte aus Sicht der Unterstützer eines solchen neuen Gesprächsformats ernüchternd ausgefallen sein: "Der Empfehlung aus der Bürgerversammlung kann in der derzeit vorliegenden Form nicht zugestimmt werden", hieß es zu Beginn der BA-Stellungnahme.

Grundsätzlich begrüße man zwar alle Ideen für neue, innovative Formen einer Beteiligung der Bürger und der Öffentlichkeit an wichtigen Planungsentscheidungen für den Stadtbezirk. Wichtig sei dabei aber, dass sowohl das Format der Beteiligung als auch die Art und das Ziel der Beteiligung von Anfang an klar definiert seien. Wie Wolfgang Thalmeir, der Vorsitzende des BA-Unterausschusses Bauvorhaben, Stadtplanung und Bürgerbeteiligung, erklärte, habe sich "sein" Gremium in der laufenden Amtszeit bereits mehrfach mit den schwierigen und in Fachkreisen durchaus kontrovers diskutierten Fragen beschäftigt, was denn Bürgerbeteiligung im Grunde sei, welche Formen möglich seien und wie Bürgerbeteiligung ablaufen solle. Dabei wurde auch die Problematik erörtert, dass die Sichtweisen von Bürgern und Verwaltung wie auch die gesetzlich, teilweise sogar verfassungsrechtlich normierten Grundlagen für eine Beteiligung der Bürger öfter auseinanderliefen. Zwar könnten die Bürger Einfluss auf die Planungen nehmen, und manche reklamierten für sich sogar ein Recht zur Ablehnung beziehungsweise Alternativplanung. Doch dürfte es allgemeine Meinung sein, dass die Planungshoheit sowie die Entscheidung über und die Verantwortung für ein Projekt letztlich bei der Verwaltung liegen müssen. Dem Bürger bleibe es insoweit vorbehalten, Anfragen zu stellen, Alternativen vorzuschlagen und Anträge zu stellen.

Doch damit scheinen sich die Initiatoren des Antrags nicht zufriedengeben zu wollen, glaubt man Thalmeirs weiteren Ausführungen zum Eindruck, den die BA-Mitglieder gewonnen haben: "Bei der vorliegenden Empfehlung der Bürgerversammlung besteht durchaus der Anschein, dass man nur nach einem neuen Format sucht, weil man die bisherigen Planungen der Verwaltung, die einem offensichtlich nicht passen, verhindern will und es aufgrund der stattgefundenen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht gelungen ist, die zuständigen Stellen von den eigenen Vorstellungen zu überzeugen." Die derzeit direkteste und weitestreichende Form der Beteiligung von Öffentlichkeit sei die Bürgerversammlung. Sie finde in jedem Stadtbezirk einmal, in Ramersdorf-Perlach sogar zweimal pro Jahr statt. Eine Stadtteilkonferenz, die allen Bürgern offenstehe, würde gewissermaßen dem Format einer Bürgerversammlung gleichkommen. Ein "Mehr an Beteiligung" werde also auch in einer Stadtteilkonferenz nicht zu erzielen sein, glauben die BA-Mitglieder. Vier Bürgerversammlungen statt einer, beziehungsweise im Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach dann möglicherweise sogar acht "bürgerversammlungsähnliche Formate" der Öffentlichkeitsbeteiligung, seien aber sicher nicht sinnvoll.

Trotzdem wollten die Lokalpolitiker eine Stadtteilkonferenz nicht grundsätzlich ablehnen. Allerdings müssten dafür einige Bedingungen erfüllt sein: Zu klären wäre zunächst die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises, das jeweilige Thema, die Art seiner Aufbereitung, der konkrete Ablauf der Veranstaltung und das letztendliche Ziel der Veranstaltung.

Auf Anregung des Unterausschusses will sich der BA nun zuerst von den Kollegen in Berg am Laim informieren lassen, wie deren Stadtteilkonferenzen organisiert waren und welche Ergebnisse erzielt wurden. Im benachbarten Stadtbezirk war die Idee für dieses neue Gesprächsformat ursprünglich entstanden. Danach wäre zu klären, fuhr Wolfgang Thalmeir fort, welche Themen sich für eine solche Konferenz überhaupt eignen. Eine "Vision für Ramersdorf" könne alles oder auch nichts bedeuten und sei viel zu wenig konkret, um eine zielgerichtete und sinnvolle Diskussion und ein verwertbares Ergebnis zu erzielen. In einem dritten Schritt wäre dann noch der Teilnehmerkreis zu bestimmen, der im Gegensatz zur Bürgerversammlung nach Meinung der Lokalpolitiker jedenfalls nicht aus "allen Bürgern" bestehen könne. Erst wenn alle genannten Punkte abgearbeitet seien, lasse sich entscheiden, "ob, wie und in welcher Form Stadtteilkonferenzen auch im 16. Stadtbezirk sinnvoll sein könnten".

© SZ vom 02.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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