Ende der Reise:Einfach mal Danke sagen

Alle reisen auf Teufel komm raus. Aber was ist eigentlich mit jenen, die dafür arbeiten, damit wir Urlaub machen können? Sie nehmen wir oft nur wahr, wenn sie sich vor Müdigkeit in ein Gepäckfach legen - wie jüngst geschehen.

Von Hans Gasser

Jetzt, wo alle in den Urlaub fahren, radeln, fliegen, wird es Zeit, mal wieder Danke zu sagen. An all jene, die "den ganzen Laden am Laufen halten". (Okay, das war jetzt gestohlen aus der neuen Plakatkampagne des Boulevardblatts mit den vier Buchstaben, die einem beim Warten auf den verspäteten Zug an jedem Bahnhof ins Auge fällt.)

Da sind die Zugbegleiter, die bei ausfallenden Klimaanlagen und Stellwerkstörungen doppelt ins Schwitzen kommen, weil sie auch die Wut der Passagiere abbekommen. Danke! Da sind die Piloten, die mit der künstlichen Dummheit ihrer Softwaresysteme zu kämpfen haben, damit sie die Maschinen sicher landen. Danke! Ja, und da sind auch die Stewardessen und Stewards, die früher böswillig als Saftschubsen bezeichnet wurden, aber natürlich aufopferungsvolle Arbeit leisten, noch mehr, seit Essen und Trinken nicht mehr im Ticket inkludiert sind und sie Bestellungen aufnehmen, servieren und schließlich abkassieren müssen. Danke. Gracias. Merci.

Vor diesem Hintergrund sollten wir nicht vorschnell über ein Ereignis urteilen, das sich vor Kurzem in einem Flugzeug von Southwest zugetragen hat, der größten Billigfluglinie der Welt. Beim Betreten der Maschine in Nashville fiel Passagieren eine Stewardess auf, die ausgestreckt in einem der für das Handgepäck vorgesehen Fächer über den Sitzen lag. Eine eifrige Passagierin hielt gleich mit ihrer Handykamera drauf und postete das auf Twitter. Man sieht, wie sich die nicht besonders große Flugbegleiterin in der Gepäckablage umdreht und zu den einsteigenden Passagieren schaut. Die postende Kundin schrieb zu ihrem Video: "Southwest, ist das ein Traum?" und bittet um Erklärung, denn sie finde das ziemlich "weird", also verrückt, bizarr, gar unheimlich.

Was bitte soll daran verrückt sein? Mit nur ein bisschen Einfühlungsvermögen hätte die Passagierin kurz den harten Arbeitstag einer Stewardess bei einer Billigfluglinie gedanklich skizzieren können: Früh aufstehen, zwölf Stunden im Flugzeug herumlaufen und Passagiere bedienen, die sich beschweren, dass sie für das 89-Dollar-Ticket nicht mal gratis ein Getränk bekommen. Natürlich hatte die Flugbegleiterin zwischen einem Flug und dem anderen mal das Bedürfnis, sich kurz auszustrecken und ein Nickerchen zu machen. Da das aber bei den derartig eng aneinandermontierten Sitzen nicht möglich ist und sie verständlicherweise auf dem schmutzigen Boden nicht liegen wollte, schwang sie sich ins Gepäckfach hoch, wo sie dann während des hochverdienten Power Naps von den einsteigenden Passagieren überrascht wurde. So what?

Die Twitter-Frau sagte aber später Trumps Haussender Fox News, sie glaube, die Dame habe das getan, "um lustig zu sein und die Passagiere zum Lachen zu bringen". So argumentierte auch Southwest in einer Stellungnahme. Da sieht man's wieder: Keiner gönnt dem Personal mal eine kurze Verschnaufpause. Alles für den Gast. Deshalb noch mal: Thank you!

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