Himalaya-Region:Hunderte Festnahmen im indischen Teil Kaschmirs

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Straßensperre in Srinagar im nördlichsten indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir. (Foto: AFP)
  • Die UN zeigen sich besorgt über die Lage im indischen Teil Kaschmirs.
  • In der Region spitzt sich die Lage zu, seit Indien ihr Anfang der Woche den Autonomiestatus entzogen hat.
  • Indische Sicherheitskräfte haben dort in den vergangenen Tage Hunderte Menschen festgenommen.
  • Indiens Premierminister Narendra Modi will sich an diesem Donnerstag erstmals an die Nation wenden.

Die Vereinten Nationen haben sich "tief beunruhigt" über die Entwicklungen im indischen Teil Kaschmirs geäußert. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte warnte am Mittwochabend, die verfügten Einschränkungen verschlechterten die Menschenrechtslage in der Himalaya-Region.

UN-Sprecher Rupert Colville kritisierte in Genf die Unterbrechung von Internet- und Telefonverbindungen, Ausgangssperren, willkürlichen Festnahmen von Politikern und das Verbot friedlicher Versammlungen. Dies hindere die Bevölkerung, an der demokratischen Debatte über die Zukunft des indischen Bundesstaats Jammu und Kaschmir teilzunehmen. Dass kaum Informationen aus der Region nach draußen gelangten, sei allein schon Anlass zu großer Sorge, sagte der Sprecher von UN-Hochkommissarin Michelle Bachelet.

Auch am Donnerstag blieb die Lage im mehrheitlich von Muslimen bewohnten, indischen Teil Kaschmirs angespannt. Nach der Aberkennung der Autonomierechte für die indische Kaschmir-Region sind in dem Gebiet offenbar Hunderte Lokalpolitiker und Separatistenführer, aber auch Universitätsprofessoren und Geschäftsleute in Hotels, Gästehäusern, Regierungsgebäuden und Privathäusern festgesetzt worden. Das berichten Aktivisten sowie indische Medien. Von mindestens 400, teilweise aber auch 500 Menschen ist die Rede. Die Polizei bestätigte, dass politische Führer unter Hausarrest genommen worden seien, machte aber keine Angaben zu deren Anzahl.

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Ein Oppositionsaktivist reichte beim höchsten indischen Gericht eine Petition gegen die von der Regierung in Delhi verfügte Nachrichtensperre und das verschärfte Vorgehen der Sicherheitskräfte ein. Mit den Festnahmen sollen vermutlich Unruhen nach der Aberkennung des Sonderstatus für das Himalaya-Gebiet verhindert werden.

Hintergrund der Krise ist die umstrittene Entscheidung der indischen Regierung, der Region Jammu und Kaschmir den international anerkannten Sonderstatus zu entziehen. Damit will Delhi die Region stärker in das mehrheitlich hinduistische Indien integrieren. Viele Kaschmirer sind dagegen.

Indiens Premierminister Narendra Modi will sich wegen der Krise an diesem Donnerstag an die Nation wenden.

Das indische Vorgehen hat scharfe Kritik in Pakistan ausgelöst, das den Schritt als "illegal" kritisiert. Die überrumpelte Regierung in Islamabad warnte bereits lautstark, dass das indische Verhalten zu neuer Gewalt in der Region und vielleicht auch zu einem Zusammenstoß der beiden Nuklearmächte führen könne - mit "unvorstellbaren Konsequenzen", wie Ministerpräsident Imran Khan es ausdrückte.

Ein jahrzehntealter Konflikt spitzt sich erneut zu

Pakistan will im Streit um Kaschmir zudem die als "Freundschaftsexpress" bekannte direkte Zugverbindung zwischen beiden Ländern kappen. "Wir haben beschlossen, den Samjhauta-Express einzustellen", sagte der pakistanische Bahnminister Sheikh Rasheed Ahmad auf einer Pressekonferenz in Islamabad.

Zuvor hatte Pakistan bereits angekündigt, den indischen Botschafter aus Islamabad auszuweisen und seinen neu ernannten Botschafter gar nicht erst nach Delhi zu entsenden. Indien rief Pakistan daraufhin dazu auf, diesen Schritt zu überdenken. Die normalen Kanäle zur diplomatischen Kommunikation sollten erhalten bleiben, teilte das Außenministerium in Delhi am Donnerstag mit.

Der Konflikt um Kaschmir ist bereits mehr als 70 Jahre alt. Seitdem Britisch-Indien im Jahr 1947 unabhängig und in Indien und Pakistan geteilt wurde, streiten die beiden Länder um die gesamte Herrschaft über die Region und führten Kriege. Beide Atommächte beherrschen jeweils einen Teil von Kaschmir, ein weiterer Teil gehört zu China.

Die bisherige Autonomieregelung sicherte der indischen Region unter anderem eine eigene Verfassung und Flagge sowie weitgehende Kompetenzen zu - mit Ausnahme der Außen- und Verteidigungspolitik sowie der Telekommunikation. Auch war es Nicht-Kaschmirern bislang verboten, permanent in der Region zu leben, Land zu kaufen oder für die Verwaltung zu arbeiten.

© SZ.de/dpa/epd/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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