Streit in SPD:Schulden für das Klima

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Die "schwarze Null" sei ökonomisch und ökologisch unsinnig, sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. (Foto: dpa)
  • Einige Sozialdemokraten fordern eine Abkehr von der schwarzen Null, um ehrgeizigeren Umweltschutz zu finanzieren.
  • SPD-Finanzpolitiker halten dagegen, im Haus des Vizekanzlers pocht man auf "solide Haushaltsführung".

Von Michael Bauchmüller und Henrike Roßbach, Berlin

Sechs Wochen vor der geplanten Verabschiedung des Klimaschutzpakets der Bundesregierung ist ein Streit darüber entbrannt, ob eine ehrgeizigere Klimapolitik über neue Schulden finanziert werden sollte. Aus der SPD kommen Forderungen nach einer Abkehr von der "schwarzen Null". Sie sei ökonomisch und ökologisch unsinnig, sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach, der sich mit der Abgeordneten Nina Scheer um den Parteivorsitz bewirbt, dem Handelsblat t: "Bei Inves ti tionen in Bildung und Umwelt sollte die Schuldenbremse nicht angewendet werden."

Zuvor hatte die Zeitung Bild von einer internen Vorlage des Bundesfinanzministeriums für die Sitzung des Klimakabinetts am 20. September berichtet, der zufolge die ehrgeizigen Klimaschutzziele ohne neue Schulden nicht zu erreichen seien. Die Ministerien hätten die Kosten ihrer Klimavorschläge auf 37 Milliarden Euro beziffert. Am Donnerstag betonte eine Ministeriumssprecherin jedoch, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) habe "bereits mehrfach" darauf hingewiesen, dass im Energie- und Klimafonds "erhebliche Finanzmittel" für den Klimaschutz bereitstünden. Mit der vielfach diskutierten Bepreisung des CO₂-Ausstoßes stünden zudem weitere Einnahmen zur Verfügung, "um trotz einer soliden Haushaltsführung die nötige Finanzkraft aufzubringen, den Kampf gegen den Klimawandel zu führen".

Tatsächlich liegt der Klimafonds weit über dem Soll. Er speist sich im Wesentlichen aus der Versteigerung von CO₂-Emissionszertifikaten an Industrie und Kraftwerke. Deren Preis aber ist seit Anfang 2018 massiv gestiegen - von knapp acht Euro je Tonne Kohlendioxid auf fast 30 Euro. Das Finanzministerium hatte ursprünglich für 2019 mit weniger als 17 Euro kalkuliert und daraus 2,1 Milliarden Euro erwartet. Die erwünschten 37 Milliarden kommen jedoch auch nicht zusammen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) bemühte sich am Donnerstag, die Debatte nicht weiter zu befeuern. "Das Wichtigste ist, Prioritäten zu setzen", sagte sie. "Dann können wir sehen, ob das Geld nicht reicht." Schulze macht sich für eine Erhöhung der Energiesteuern stark, um so fossile Energie zu verteuern. Die Erlöse einer solchen "CO₂-Steuer" will sie aber an die Bürger ausschütten. Auch dieses Geld stünde also nicht zur Verfügung.

Die führenden Haushaltspolitiker von Union und SPD lehnten eine Abkehr vom Ziel der "schwarzen Null" am Donnerstag ab. "Es ist inakzeptabel, solide Finanzen und Klimaschutz gegeneinander auszuspielen", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU). Sowohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch der Finanzminister hätten immer wieder bekräftigt, dass der Verzicht auf neue Schulden "oberste Priorität" habe: "Vorschläge, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszuhöhlen, sind mit uns nicht zu machen." Auch Johannes Kahrs, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, äußerte sich ablehnend. "Ich setze mich dafür ein, dass keine neuen Schulden gemacht werden", sagte er. Es gebe immer "gute Gründe", neue Schulden zu machen; am Ende aber habe man immer mehr Schulden: "Generationengerechtigkeit geht anders."

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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