Deggendorf:97 Strafbefehle wegen Volksverhetzung auf Facebook

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Foto: Arno Burgi/dpa (Foto: picture alliance / dpa)

Die AfD Deggendorf filmte 2017 eine Demo von Flüchtlingen und stellte das Video auf Facebook. Dazu gab es Hasskommentare und Gewaltaufrufe, die nun juristische Folgen haben.

Von Johann Osel, Deggendorf

Eine Welle von Hasskommentaren auf der Facebook-Seite der AfD Deggendorf und des Landesverbands Ende 2017 hat massive juristische Folgen. Im Zuge der Ermittlungen wegen Volksverhetzung hat die Staatsanwaltschaft Deggendorf inzwischen 97 rechtskräftige Strafbefehle erlassen. Einen BR-Bericht dazu bestätigte der leitende Oberstaatsanwalt Rudolf Helmhagen der SZ. Gut 200 afrikanische Migranten hatten damals in Deggendorf demonstriert, um die Bedingungen in der örtlichen Großunterkunft anzuprangern.

Die AfD hatte die Proteste gefilmt und live im Netz übertragen, dabei kam es in den Kommentaren zur Eskalation von Beleidigungen, Rassismus und Gewaltaufrufen - bis hin zu Forderungen, die Migranten zu vergasen. Insgesamt wurden in der Folge 257 Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet, 56 davon wurden eingestellt, da die Verfasser nicht zu ermitteln waren. In 188 Fällen erging Antrag auf Strafbefehl am Amtsgericht, in drei Fällen wurde Anklage erhoben - auch, weil diese drei Verdächtigen in der rechtsextremen Szene bereits strafrechtlich aufgefallen seien. Außer den 97 rechtskräftigen Strafbefehlen dauern also 91 Verfahren noch an.

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Bei den 97 Verurteilungen sind in 38 Fällen die Strafen schon bezahlt worden, überwiegend mit einer Mindeststrafe von 90 Tagessätzen (orientiert am Einkommen); bei aktenkundigen Urhebern gab es teils mehr Tagessätze. Die Verfasser stammen aus ganz Deutschland. Weil sich die Volksverhetzung gegen die Demonstranten richtete, definierte man Deggendorf "als Tatort" und konnte so die Ermittlungen effektiv in der Region behalten. Die Kripo Straubing führte Regie, hierzu wurden bundesweit Polizeidienststellen mit Vernehmungen beauftragt. Durch die "Fleißarbeit", so Helmhagen, habe man die meisten Verfasser ermittelt.

Die AfD-Vertreter, die für die Tiraden eine Plattform boten, bleiben unbehelligt. Die Deggendorfer AfD-Chefin Katrin Ebner-Steiner, auch Fraktionschefin im Landtag, hatte gesagt, es sei innerhalb kürzester Zeit eine enorme Zahl an inakzeptablen Kommentaren eingegangen, die man schnellstmöglich gelöscht habe. Sie distanziere sich klar von strafbaren Äußerungen, eine Reaktion des Rechtsstaats sei "durchaus willkommen". "Völlig abwegig" sei die These, die AfD habe die Lage angestachelt oder gar Kommentare organisiert.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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