Abgasaffäre:Ermittler machen Stadler für Millionenschaden verantwortlich

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Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler bestreitet alle Vorwürfe. Er sei unschuldig, sagt er. (Foto: Ronny Hartmann/AFP)
  • Dem früheren Audi-Chef Rupert Stadler wird vorgeworfen, für 120 000 manipulierte Diesel-Autos in Europa verantwortlich zu sein.
  • Der Schaden summiert sich damit aus Sicht der Ermittler auf knapp 28 Millionen Euro - die Summe könnte auch darüber entscheiden, ob Stadler erneut ins Gefängnis muss.

Von Klaus Ott, München

Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler soll in der Abgasaffäre für einen Schaden in Höhe von rund 27,5 Millionen Euro verantwortlich sein. Das geht aus der Betrugsanklage der Staatsanwaltschaft München II gegen Stadler und drei weitere Angeschuldigte hervor.

Die Ermittler werfen dem früheren Vorstandschef der Ingolstädter Volkswagen-Tochter vor, für 120 000 manipulierte Diesel-Autos in Europa verantwortlich zu sein. Der Schaden habe durchschnittlich knapp 230 Euro pro Fahrzeug betragen, was in der Summe die rund 27,5 Millionen Euro ergibt. In der Anklageschrift soll der mutmaßliche Schaden auf Euro und Cent genau beziffert sein.

Für Stadler bedeutet das: Es geht bei ihm im Falle eines Prozesses darum, ob er erneut ins Gefängnis muss oder nicht. Der frühere Audi-Chef hatte im vergangenen Jahr mehrere Monate lang in Untersuchungshaft gesessen. Sollte es aufgrund der Anklage zu einer Gerichtsverhandlung und einer Verurteilung kommen, dann gilt angesichts dieser Größenordnung eine Bewährungsstrafe als unwahrscheinlich. Stadler bestreitet allerdings die Vorwürfe und beteuert, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Viele Verfahrensbeteiligte gehen davon aus, dass es im Verlauf des nächsten Jahres zu einem langen Prozess kommt. Dann bliebe aber immer noch abzuwarten, wie der ausginge.

Autos als vermeintlich sauber verkauft

In den vergangenen Jahren endeten mehrere Prozesse gegen prominente Ex-Manager wie Wendelin Wiedeking (Porsche) oder Josef Ackermann (Deutsche Bank) mit Freisprüchen. In der Abgasaffäre halten die Ermittler Stadler vor, er habe nach Bekanntwerden der Manipulationen bei Volkswagen im September 2015 anschließend bei Audi nicht durchgegriffen. Er habe es vielmehr geduldet, dass die VW-Tochter weiterhin manipulierte Dieselfahrzeuge hergestellt habe; insgesamt rund 120 000 Autos. Diese Fahrzeuge mit einem hohen Schadstoffausstoß seien den Kunden als vermeintliche saubere Autos verkauft worden, das sei Betrug gewesen. Die Staatsanwaltschaft München II wirft Stadler und den drei übrigen Audi-Angeschuldigten auch strafbare Werbung vor. Zudem seien sie verantwortlich dafür, dass Audi falsche Angaben bei den Zulassungsbehörden gemacht habe. Stadler bestreitet auch diese Vorwürfe.

Der mutmaßliche Schaden in Höhe von rund 27,5 Millionen Euro bei Stadler wäre hoch genug für ein Gefängnisurteil, ist aber vergleichsweise klein im Vergleich zu den Schäden in Milliardenhöhe, die anderen Ex-Managern von Volkswagen und Audi angelastet werden. Das rührt daher, dass es bei dem früheren Audi-Chef nur um Fahrzeuge in Europa und nicht auch in den USA geht. VW und Audi behaupten, man habe die betroffenen Autos in Europa mit einer überarbeiteten Software in Ordnung gebracht. So sieht das auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als Zulassungsbehörde. Die bei Audi angefallenen Kosten für das Software-Update einschließlich Werkstatt-Besuch und für weitere Folgen der Abgasaffäre in Europa setzt die Staatsanwaltschaft München II ganz offenkundig mit knapp 230 Euro pro Fahrzeug an.

Während sich der VW-Konzern in Europa weigert, den Kunden Schadenersatz zu zahlen, musste Volkswagen in den USA hohe Milliardenbeträge aufwenden. Dort haben Käufer in solchen Fällen mehr Rechte als in Europa. Die für VW zuständige Staatsanwaltschaft in Braunschweig und die für Audi zuständige Staatsanwaltschaft München II gehen deshalb bei etlichen Angeschuldigten hierzulande, die im VW-Konzern für die Manipulationen auf dem US-Markt mitverantwortlich sein sollen, von Schäden in Milliardenhöhe aus. Das gilt aber ausdrücklich nicht für Stadler. Die Münchner Ermittler gehen davon aus, dass Stadler von den Manipulationen in Übersee nichts gewusst habe. Er habe nach deren Auffliegen aber in Europa die Dinge laufen lassen anstatt aufzuräumen. Was Stadler bestreitet.

© SZ vom 10.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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