Filmkritik zu "Killerman":Zerstörerische Dummheit

Film

Moe (Liam Hemsworth), verliert nach einem Unfall sein Gedächtnis. Blöd, wenn man gerade auf der Flucht ist.

(Foto: Wild Bunch)
  • Im Gangster-Thriller "Killerman" erzählt Malik Bader von einen dummen und einem schlauen Ganoven in New York, die gemeinsam 20 Millionen Dollar in Diamanten reinwaschen wollen.
  • Leider kommt dabei der Dumme auf eine dumme Idee: Er will die 20 Millionen nebenher für einen Koks-Deal verwenden.

Von Doris Kuhn

Es gibt im Crime-Genre zwei Varianten: Das geschmeidige Verbrechen, das glatt abläuft, weil die Verbrecher intelligent, strukturiert und mit Gelassenheit vorgehen. Der Spaß liegt in der Reibungslosigkeit, man beobachtet Profis bei der Arbeit. Die andere Variante beginnt, wenn einer dieser Verbrecher Ehrgeiz entwickelt, er aus Gier oder Selbstüberschätzung etwas anders macht, als festgelegt. Dann greift das Räderwerk eines Plans nicht mehr ineinander - hier gilt als Spaß die Katastrophe, der man dabei zusehen kann, wie sie hereinbricht. Das macht die zweite Kategorie scharfkantiger als die erste, bitterer auch. Man sieht, wie zerstörerisch Dummheit wirkt, das kennt man aus der Realität. Aber da erlebt man es selten so detailgenau.

Malik Baders Film "Killerman" fällt in die zweite Kategorie. Er bringt einen smarten und einen doofen Gangster zusammen, gibt aber zunächst eine Ausgangsposition vor, in der die beiden wenig falsch machen können. Eine schöne Ausgangsposition außerdem, denn sie zeigt etwas, dass das Genre selten aufgreift: die Geldwäsche. Das ganze Bargeld ist ja ein Problem, man kann es in solchen Mengen nicht auf die Bank bringen. Also müssen Profis von außerhalb helfen. Auftritt Liam Hemsworth als Moe, der im Diamond District von New York City zu Hause ist. Er wechselt Geld in Gold und Diamanten, verdient sich aber offenbar ein Zubrot auf der dunklen Seite. Er nimmt auch Geld vom organisierten Verbrechen, das hier in einer abgerockten Werkstatt sitzt, Eisentreppe, Glasbüro, Schurken lungern großspurig am Tor.

Ein großartig altmodisches Szenario, und das wird den ganzen Film über so weitergehen. Man sieht New York mal wieder richtig dreckig, wie hat Malik Bader das geschafft? Man spürt die Energie der Stadt, in der jeder unbedingt ein Geschäft machen will, in der Luft liegen Kapitalismus und Hysterie. Davon ist auch Moes Partner Skunk infiziert, das macht ihn unternehmungslustig und gleichzeitig zur Bedrohung, denn er ist eben nicht der schlaue Gangster. Er ist hauptsächlich deshalb im Geschäft, weil im Glasbüro sein Onkel sitzt, der viele Fäden in der Hand hält. An so einem Faden hängen Skunk und Moe, an so einem Faden hängt auch ein Spitzel des Onkels beim FBI. Als der dann überraschend anruft und warnt, für 24 Stunden jede kriminelle Aktion zu stoppen, gibt der Onkel das an seine Geldwäscher weiter.

Es gibt auch im Verbrechen übergeordnete Zusammenhänge.

Das ist die Chance für Skunk, groß rauszukommen. Denkt Skunk, der von da an den Film steuern wird. Wenn ein Tag Pause ist, kann man in der Zeit die 20 Millionen, die gewaschen werden sollen, für einen Koksdeal nebenher verwenden. Denkt Skunk, und beschwatzt Moe, mitzuspielen. Das Kokain gibt es zum halben Preis, das macht ihn nicht stutzig. Und der Deal endet zwar blutig, aber Moe und er kommen trotzdem davon. Für einen kurzen Moment sind sie richtig on top, mit Vollgas im Auto unterwegs, eine Tasche voll Drogen und eine Tasche voll Geld hinten drin. Bis sie einen Unfall bauen, bei dem Moe sein Gedächtnis verliert. Jetzt kann keiner von beiden mehr die Lage überschauen.

Was Skunk nicht begriffen hat, ist der Kontext: Es gibt auch im Verbrechen übergeordnete Zusammenhänge.

Hier sind das korrupte Cops, die im New-York-Thriller schon immer die größte Macht hatten. Von denen werden jetzt Skunk und Moe gejagt, Moes Amnesie macht dabei nichts einfacher. Diese New Yorker Cops hat Malik Bader ungewöhnlich roh gezeichnet, es weht um sie, wie überhaupt durch die Hälfte des Films, ein Hauch von Sam Peckinpah. Dazu trägt auch Maliks Inszenierung bei, die knapp und realistisch ist, alles hell, alles bewegt, es wird angenehm wenig erklärt.

Die Phase der Erklärungen hat der Regisseur hinter sich, die hat er in seinem ersten Langfilm aufgearbeitet. Er kommt aus Chicago, also ließ er in seinem Debüt "Street Thief" (2006) einen Dieb erzählen, wie das so läuft im Chicagoer Business. Bader spielte selber den Verbrecher, der Film ist eine Fake-Doku über die Planung und Durchführung von Raubüberfällen. Typischerweise stellte er nicht nur den erfolgreichen Gangster vor, sondern auch einen erfolglosen. Bader setzte parallel ein Fake-Interview aus dem Gefängnis.

Die Stadt spielte schon da eine bemerkenswerte Rolle, was Bader in seinem nächsten Film noch steigerte. Nach dem Chicago der Immigranten tauchte er in "Cash Only" (2015) in den Slums von Detroit unter. Ein Thriller, der davon erzählt, wie spektakulär man mit krimineller Energie scheitern kann. So gesehen ist sein New Yorker "Killerman" geradezu optimistisch. Denn hier bekommt man am Ende schließlich fürs Leben den Tipp, wie man einen lädierten Plan doch noch umsetzen kann: Man haut ihn, mit einer unerwarteten Geste, kurz und klein.

Killerman, USA 2018 - Regie, Buch: Malik Bader. Mit Liam Hemsworth, Emory Cohen. Wild Bunch, 109 Minuten.

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