Mediaplayer:Wer tötet, braucht Fantasie

Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile

Killer oder Nicht-Killer, das ist hier die Frage: Teenie-Star Zac Efron als Ted Bundy vor Gericht.

(Foto: Constantin)

Ted Bundy hat in den Siebzigern mindestens 30 Frauen umgebracht. In Joe Berlingers "Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile" spielt Zac Efron diesen charmantesten aller Killer.

Von Fritz Göttler

Ein Serialkiller-Film, aber ganz ohne Gewalt, aus der Sicht einer Frau erzählt, die jahrelang mit diesem Mann lebte. Sympathie für einen Teufel. Der Titel, "Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile", steht in stärkstem Kontrast zu der Figur, auf die er sich bezieht. Der Frauenmörder Ted Bundy ist eine unfassbar normalbürgerliche Existenz. Eine Studie in Sachen Vorstellungskraft: "Es gibt indes wenige Menschen, die eine Fantasie für die Wahrheit des Realen besitzen ..."

Ted Bundy hat in der zweiten Hälfte der Siebziger mindestens dreißig junge Frauen verschleppt, vergewaltigt und ermordet, in den Bundesstaaten Washington, Utah, Colorado, Oregon, Idaho und Florida. Dort wurde er schließlich zum Tode verurteilt und, nach jahrelangen durch Verteidiger erwirkten Aufschüben, am 24. Januar 1989 im Florida State Prison auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Beharrlich leugnete er all die Morde, die ihm nachgewiesen wurden. Bei dem Täter handele es sich um eine andere Person. Man darf die Hoffnung nie verlieren, sagt er, das hat er aus dem Buch seines Lebens, "Papillon" von Henri Charrière, der Geschichte eines Sträflings, dem schließlich die Flucht von der Teufelsinsel gelingt.

Man sieht den Mörder nicht in Aktion. Er kommt sogar eher unbedacht, fast tölpelhaft daher, immer wieder verhält er sich auffällig, wird verhaftet, vor Gericht gestellt. Er kann mehrfach aus dem Gefängnis türmen. Später heiratet er, im Gefängnis. Das Mörderische sieht man ihm nicht an. Zac Efron spielt Bundy, den jugendlichen Helden romantischer Liebe und zotiger Klamotten.

Der Filmemacher Joe Berlinger ist durch seine Dokumentarfilme berühmt geworden, besonders durch die True-Crime-Meisterstücke der "Paradise-Lost"-Trilogie, 1996 bis 2011, über die West Memphis Three, drei Teenager, die für den Mord an drei Kindern verurteilt wurden, zwei zu Gefängnis, einer zum Tode. Das Werk stellte die Beweisführung infrage, das führte schließlich im Lauf der Jahre dazu, dass die Urteile aufgehoben und die drei freigelassen wurden.

2017 hat Berlinger die vierteilige Netflix-Serie "Conversations with a Killer: The Ted Bundy Tapes" ("Ted Bundy: Selbstporträt eines Serienmörders") begonnen, nach Tonbandaufzeichnungen mit Bundy. Dabei erfuhr er, dass die Geschichte auch seit Langem als Drehbuch existierte, von Michael Werwie, nach den Erinnerungen von Bundys Freundin. Jodie Foster hatte sich dafür interessiert, konnte aber die Produktion nicht auf die Beine stellen. Berlinger nahm sich das Script vor, konnte Zac Efron dafür gewinnen und drehte den Film. Der wurde nach seiner Premiere auf dem Sundance-Festival in Amerika ebenfalls von Netflix übernommen, in Deutschland bringt ihn Constantin auf DVD heraus.

"Extremely wicked, shockingly evil and vile and with utter indifference to human life", mit dieser geballten Ladung Verdammung beschreibt am Ende der Richter in Florida, Judge Edward Cowart, den Täter, als er das Urteil verkündet. John Malkovich spielt ihn, Ted Bundy verteidigt sich selbst. "You talk nice, partner", sagt der Richter anfangs zu ihm, "Danke, Euer Ehren", meint der, "heute trete ich als Anwalt verkleidet auf." "Well then", sagt der Richter, "let's put on a show." Der Prozess wird gefilmt und im Fernsehen übertragen. Ich bin populärer als Disney World, sagt Ted Bundy.

Also geht die Show immer weiter. Ted Bundy ist ein Selbstdarsteller par excellence. Er kann unheimlich charmant sein, auf eine aufdringliche, manchmal dreiste Art. Die Frauen sind fasziniert von ihm. Das Starsystem in Hollywood hat eine Schwäche für die perversen Tiefen der Psychologie. Und den komplexen Satz über die Fantasie der Wahrheit des Realen, den Joe Berlinger dem Film voranstellt, hat er von einem, der wie kein anderer Showbusiness und Wissenschaft zusammenbrachte, von Goethe, aus den Unterhaltungen mit Eckermann.

Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile ist in Deutschland bei Constantin auf DVD zu haben.

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