Ismaning/Unterföhring:Ungewollter Ausflug über Mintraching

Autofahrer im Norden des Landkreises müssen mit Staus und Umwegen rechnen. Die Isarbrücke bei Ismaning ist in beiden Fahrtrichtungen gesperrt und auch am Föhringer Ring wird gebaut. Lokalpolitiker kritisieren das Bauamt

Von Stefan Galler, Ismaning/Unterföhring

Er wollte nur mal eben rüberfahren zum Kollegen Dietmar Gruchmann ins Garchinger Rathaus. Ein SPD-Meeting der Nord-Bürgermeister war anberaumt mit Christoph Böck aus Unterschleißheim und dem neuen Kreisvorsitzenden Andreas Schardt. Werktags, 18 Uhr. "Normal schafft man das in wenigen Minuten", sagt der Ismaninger Rathauschef Alexander Greulich. "Ich habe über eine Stunde gebraucht."

Die Zustände, die derzeit auf den Straßen im Norden und Osten des Landkreises herrschen, haben einen neuen Tiefpunkt erreicht: Sanierung der Heckerbrücke an der B 471, Vorbereitungen für den Neubau der Herzog-Heinrich-Brücke und eine Erweiterung des Föhringer Rings, dazu die halbseitige Sperrung der Staatsstraße 2053 zwischen Ismaning und Unterföhring an der dortigen A-99-Brücke. Und etwas weiter südöstlich auch noch die Sperrung der Ortsdurchfahrt Ottendichl bis in den Oktober hinein - wer in jener Gegend regelmäßig mit dem Auto unterwegs ist, braucht in diesem Sommer starke Nerven.

Doch ein Ende der Probleme ist nicht absehbar, eher im Gegenteil: Von diesem Montag an wird nämlich die Brücke über der Isar an der B 471 zwischen Garching und Ismaning in beiden Richtungen gesperrt und nicht mehr wie bisher nur von Ismaning nach Garching. Nur Radlfahrer und Fußgänger kommen über die schmale Brücke daneben ungehindert durch. "Das war so nicht vorgesehen" schimpft Greulich. "Wir haben den zuständigen Herren vom Staatlichen Bauamt Freising damals gesagt, dass es für den Fall einer Vollsperrung eine Ersatzbrücke geben muss", so der Bürgermeister. "Das ist jetzt eine Lösung durch die Hintertür."

Ismaning/Unterföhring: Die Heckerbrücke zwischen Ismaning und Garching muss nicht das erste Mal instandgesetzt werden. Für Autofahrer ist das ein Problem.

Die Heckerbrücke zwischen Ismaning und Garching muss nicht das erste Mal instandgesetzt werden. Für Autofahrer ist das ein Problem.

(Foto: Robert Haas)

Bis zum 6. September soll diese Vollsperrung andauern, dann hofft das Bauamt, die Sanierung der Brücke fertiggestellt zu haben. Bis dahin müssen die Autofahrer eine Reise durch halb Oberbayern bewerkstelligen, um die wenigen Kilometer Luftlinie zwischen den beiden Kommunen zurückzulegen: Über die Bundesstraßen 388 und 301 wird man von Ismaning nach Hallbergmoos in den Landkreis Freising gelotst, von dort geht es über die Staatsstraße 2053 nach Mintraching/Grüneck und über die 2350 und die Westumgehung Garching nach Garching-Hochbrück.

Für Greulich ist das "eine Zumutung für Bürger und Gewerbebetriebe", die Leute kämen schließlich "nicht zu ihren Arbeitsplätzen". Der Ismaninger Bürgermeister würde sich wünschen, dass sich die Behörden bei solchen Maßnahmen besser mit den betroffenen Gemeinden verständigten: "Wir fühlen uns da nicht ernstgenommen. Man muss doch erst einmal die Meinungen der Leute vor Ort einholen, bevor man solche Dinge umsetzt."

Doch nicht nur die Tatsache, dass die Brücke gesperrt ist, auch die Art der Ausführung erzürnt Bürger, Politiker und nicht zuletzt die Polizei. Linksabbieger auf der Freisinger Straße in Ismaning erfahren beispielsweise vor dem Abbiegevorgang nicht, dass die Brücke nach Garching gesperrt ist, sie landen also direkt an der Barriere und müssen dort dann wenden. "Pkw können das dort kommod tun, aber das gilt nicht für Lkw, schon gar nicht für solche mit Hänger", sagt Greulich. Es müsse klar beschildert werden, dass Linksabbieger nur bis zur Kreuzung in Richtung Klärwerk unmittelbar vor der Baustelle durchkommen, aber nicht die Brücke passieren können, so Greulich. Nach Intervention durch die Polizeiinspektion Ismaning will das Staatliche Bauamt Freising eine derartige Beschilderung nun so schnell wie möglich nachträglich anbringen.

Die Verkehrssituation sorgt allenthalben für Verzweiflung, weshalb sich auch die stellvertretende Landrätin Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) in die Diskussion eingeschaltet hat. In einem offenen Brief an Landrat Christoph Göbel (CSU) prangert die Ismaningerin die parallel stattfindenden Baumaßnahmen an der B-471-Brücke und am Föhringer Ring als "Supergau schlechthin" an. "Das ist genau das, was man hätte verhindern müssen", so Ganssmüller-Maluche.

Denn die Brückensperrung zwischen Ismaning und Garching verteilt den Verkehr auch auf umliegende Gemeinden wie etwa Unterföhring - und dort herrscht wegen der Baustelle an der Herzog-Heinrich-Brücke am Föhringer Ring ohnehin zu Stoßzeiten bereits jetzt Dauerstau. Wer beispielsweise von Ismaning über Unterföhring und den Föhringer Ring zur A 9 will, der hat gleich drei Problemstellen zu überwinden: Zunächst die Autobahnbrücke kurz nach dem Agrob-Mediengelände, die noch bis zum 6. September werktags zwischen 9 und 16 Uhr halbseitig mit Ampelregelung gesperrt ist; dann die Rechtsabbiegerampel, die von der Münchner Straße zum Föhringer Ring in nordwestlicher Richtung führt und die zuletzt eine neue und viel zu kurze Schaltung bekommen hat; und schließlich die Auffahrt auf den Föhringer Ring, die durch die Bauarbeiten dort erheblich verengt ist. Wenn am Nachmittag die meisten der 22 000 in Unterföhring Beschäftigten Feierabend machen, zieht sich eine endlos erscheinende Kolonne Richtung München durch den Ort. Und das sogar jetzt, da viele Menschen im Urlaub sind. "Da kann man den Leuten nur raten, aufs Radl umzusteigen", sagt Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU), der selbst neulich in seinem Auto einer Geduldsprobe ausgesetzt war, als er zu einem Arzttermin nach Ismaning wollte. An der Baustellenampel bei der A-99-Brücke stand er ewig im Stau: "Pro Grünphase kommen da nur drei, vier Autos durch", so Kemmelmeyer "Ich hatte am Telefon gesagt, ich bin in fünf bis zehn Minuten da. Letztlich war ich über eine halbe Stunde unterwegs."

Die Aufnahmefähigkeit der Gemeinden im Norden und Nordosten ist am absoluten Anschlag, der Kollaps tritt immer dann ein, wenn auch noch unvorhergesehene Zwischenfälle dazukommen. Zuletzt etwa als an der Kreuzung Mitterfeldallee/Münchner Straße nach einem Unfall ein Bus quer stand. Oder immer dann, wenn es auf der A 99 kracht. "Wenn eine Stellschraube ausfällt, herrscht bei uns das blanke Chaos", sagt Unterföhrings Bürgermeister Kemmelmeyer. Und sein Ismaninger Kollege Greulich ergänzt mit Galgenhumor: "Es wird Zeit für die Flugtaxis, nur die können uns noch retten."

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