Passau:Armbrust-Opfer wurden mit K.-o.-Tropfen betäubt

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Blick durch das Geländer einer Brücke über die Ilz auf die Pension in Passau. (Foto: dpa)
  • Drei Monate nach der mysteriösen Armbrust-Tat von Passau hat die Polizei ihren Abschlussbericht vorgelegt.
  • Die vier toten Frauen sollen Teil einer bizarren Gruppe gewesen sein, die der ebenfalls tote Mann geleitet haben soll.
  • Man geht weiterhin davon aus, dass die Beteiligten mit ihrer Tötung einverstanden waren.

Im Passauer Armbrust-Fall gehen die Ermittler davon aus, dass zwei der Opfer mit K.-o.-Tropfen betäubt worden sind, bevor sie von einer 30 Jahre alten Frau mit einer Armbrust getötet wurden. Das sagte der Passauer Oberstaatsanwalt Walter Feiler am Montag mit Blick auf den Ermittlungsabschluss der Polizei. Nachdem die Frau einen 53-jährigen Mann und eine 33-Jährige als ihre Begleiter in einer Pension in Passau tötete, richtete sie sich mit einer Armbrust. Der Mann war Kopf einer obskuren Gruppe, in der er Frauen um sich scharte.

Die Ermittler gehen davon aus, dass die 30-Jährige ihre Begleiter mit deren Einverständnis tötete. Die drei Toten in Passau gehörten nach Angaben des Sprechers zu einer Gruppe, die sich als "Welterneuerer und Welterschaffer" gesehen hatte und der Meinung war, schon mehrfach wiedergeboren worden zu sein. Die Toten hätten das "Dasein" verlassen, "um an anderem Ort oder zu anderer Zeit eine neue Welt oder ein neues System zu erschaffen".

Mitarbeiter der Pension hatten die drei am 11. Mai tot auf deren Zimmer gefunden. Sie waren am Abend zuvor angereist. Zwei Tage später entdeckte die Polizei in der Wohnung der 30-Jährigen im niedersächsischen Wittingen die Leichen von zwei 19 und 35 Jahre alten Frauen. Die Ältere hatte mit der 30-Jährigen in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft gelebt. Auch die beiden Toten in Wittingen sollen zu der Gruppe der "Welterneuerer und Welterschaffer" gehört haben. Sie sollen dem Staatsanwalt zufolge wohl an einer Vergiftung gestorben sein. Genaueres wisse man noch nicht. "Es deutet manches darauf hin, dass die beiden freiwillig und ohne Beteiligung dritter aus dem Leben geschieden sind", sagte er. Feiler verwies auf die ermittelnde Staatsanwaltschaft in Hildesheim, die sich auf Nachfrage bedeckt hielt.

Die toten Frauen waren mit vier bis fünf weiteren Frauen Mitglied der Gruppe gewesen, die sich um den 53-Jährigen scharte, wie Staatsanwalt Feiler weiter erklärte. Der Mann habe laut einer Aussteigerin sexuelle Kontakte zu den Frauen gehabt und sich um sie gekümmert, sagte Feiler. Zeugen hätten den 53-Jährigen als dominant und manipulativ beschrieben, er sei als Kampfsporttrainer und Psychologe tätig gewesen. Ob er wirklich eine Ausbildung als Psychologe hatte, ist den Ermittlern nicht bekannt. Die Aussteigerin kommt wie der 53-Jährige aus einer Ortschaft in Rheinland-Pfalz und sei an einem sicheren Ort.

Armbrüste kann man ohne Waffenschein kaufen - im Gegensatz zu vielen anderen Schusswaffen. Eine der Passauer Armbrüste wurde laut einer Quittung in Österreich gekauft, insgesamt wurden drei Stück am Tatort gefunden. Die bogenartige Abschussvorrichtungen für Pfeile, Bolzen oder Kugeln sind oft Sammlerstücke. Einer der Toten soll ein Geschäft betrieben haben, das mittelalterliche Devotionalien verkauft.

Die SZ berichtet in der Regel nicht über Selbsttötungen, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Der Grund für die Zurückhaltung ist die hohe Nachahmerquote nach jeder Berichterstattung über Suizide. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe.

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