Kriminalität:Attacke ohne Täter

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Die Ermittlungen nach dem Angriff auf den Bremer AfD-Politiker Magnitz sind eingestellt worden. Trotz Tatvideo konnte kein Verdächtiger identifiziert werden. Das BKA hatte die Tat der linken Szene zugeschrieben, doch auch das ist nicht sicher.

Von Ronen Steinke, Berlin

Drei Täter sollen es gewesen sein; drei, die nun offenbar ungestraft davonkommen. Im Fall des Bremer AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz, 67 Jahre alt, der am 7. Januar bei einer Attacke verletzt worden war, hat die Staatsanwaltschaft Bremen bekanntgegeben, dass sie die Ermittlungen bereits vor Wochen eingestellt hat. Die Täter habe man nicht identifizieren können. Weitere Bemühungen halte man für wenig aussichtsreich.

Die Tat war von einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden, die Ermittler hatten das Video veröffentlicht: Zu sehen ist, wie drei Männer hinter dem AfD-Politiker Magnitz herlaufen. Einer rennt den Politiker von hinten um und trifft ihn offenbar mit dem Ellenbogen am Kopf. Magnitz stürzt zu Boden und schlägt mit den Kopf auf. Er wurde verletzt und verbrachte zwei Tage im Krankenhaus.

Der Fall hatte Solidaritätsbekundungen in der ganzen Republik und aus allen politischen Richtungen ausgelöst, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte dem AfD-Politiker einen Brief ans Krankenbett geschrieben und von einem "Angriff auf unseren Rechtsstaat" gesprochen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte im Plenum des Parlaments gesagt, der Verdacht eines politisch motivierten Verbrechens liege nahe, was ein "schwerer Angriff auf die politische Kultur in unserem Land" wäre.

Das BKA ging von Tätern aus der linken Szene aus, doch nicht einmal das ist sicher

Wie die Süddeutsche Zeitung aus Ermittlerkreisen erfuhr, verfolgten die Beamten dann vor allem Spuren in die linksaktivistische, nicht unbedingt linksextremistische Szene. Nicht so sehr die Antifa stand demnach die meiste Zeit im Zentrum ihrer Ermittlungen, sondern eine Ultra-Gruppierung des Fußballvereins Werder Bremen. Die Soko Goetheplatz des Landeskriminalamts, benannt nach dem Tatort, war sofort nach der Attacke auf Magnitz eingerichtet worden, anfangs mit 18, dann mit zeitweise mehr als 20 Kriminalbeamten. Sie konnte die Tat aber letztlich nie einzelnen Personen zweifelsfrei zuordnen.

Immer wieder analysierten die Ermittler das Tatvideo, mit Hilfe von Spezialisten aus dem Bundeskriminalamt (BKA) wurde auch versucht, die Qualität des grobkörnigen Films aufzubessern, wenn auch mit wenig Erfolg. Man untersuchte auch die speziellen Bewegungsabläufe der Täter. Die Ermittler zogen dazu sogar verschiedene Kampfsportexperten zu Rate, um zu klären, ob ihre Angriffsart auf ein bestimmtes Training schließen lasse oder eher improvisiert sei. Ergebnis: eher letzteres. Am Ende ging man in der Soko Goetheplatz von einer spontanen, aus der Gelegenheit geborenen Tat aus. Frank Magnitz ist der Chef der Bremer AfD. Am Abend der Tat war er von einer öffentlichen Veranstaltung im Stadtzentrum gekommen.

Das BKA hatte die Tat bereits als "links" gezählt, da waren die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. In einer BKA-Publikation von Ende Juli zur "Kriminalität im Kontext von Zuwanderung" hieß es: "Aktionen der linken Szene, insbesondere in Form von Straftaten gegen den politischen Gegner, wie der Angriff auf den AfD-Politiker Frank Magnitz am 07.01.2019 in Bremen (. . .) wurden fortgesetzt."

Wie die Staatsanwaltschaft Bremen betont, lässt sich eine solche Zuordnung aber letztlich eben nicht treffen. Die Hintergründe der Tat blieben weiter ungeklärt. Auch im eigenen politischen Umfeld des AfD-Politikers habe man ermittelt - auf die Möglichkeit hin, dass es dort Feindschaften geben könnte. Dem Fernsehsender Radio Bremen sagte Magnitz: Ob die Staatsanwaltschaft ihre Arbeit in diesem Fall ordentlich erledigt habe, wolle er "stark in Frage stellen". Sollte es neue Hinweise geben, kann die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen aber noch zehn Jahre lang wieder aufnehmen.

© SZ vom 13.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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