Justiz:Verdacht auf Absprachen

Heinz-Christian Strache

Heinz-Christian Strache war langjähriger FPÖ-Chef und österreichischer Vizekanzler. Nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos im Mai trat er von allen Ämtern zurück.

(Foto: Helmut Fohringer/dpa)

Ermittler haben Räume der früheren FPÖ-Spitzenpolitiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus durchsucht. Die Rechtspopulisten sollen für einen Vorstandsposten Gesetzesänderungen in Aussicht gestellt haben.

Von Leila Al-Serori, Frederik Obermaier

Der Abend war bereits über Ibiza hereingebrochen, als Heinz-Christian Strache an einem lauen Sommertag 2017 aufs Glücksspiel zu sprechen kommt. Es könne doch nicht sein, dass viele Österreicher im Internet zockten oder zum Spielen in die Slowakei führen. Sobald er an der Regierung sei, müsse sich das ändern. "Wir machen ein Gesetz, wo wir geordnete Spielcasinos zulassen", erklärte er einer Frau, die ihm als russische Oligarchennichte vorgestellt worden war. Das Monopol der teilstaatlichen Casinos Austria, die alle Casinos in Österreich betreibt, gehöre aufgelöst.

Ein heimlich gedrehtes Video jenes Abends wurde später der SZ und dem Spiegel zugespielt. Nach den Veröffentlichungen zum Ibiza-Video im Mai 2019 ging bei der österreichischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine anonyme Anzeige ein. Aufgrund jener Anzeige haben Ermittler diesen Montag bei Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus Durchsuchungen vorgenommen. Strache war nach der Ibiza-Affäre von seinen Posten als Vizekanzler und FPÖ-Chef zurückgetreten, Gudenus trat aus der Partei aus. Eine SZ-Anfrage ließen beide unbeantwortet.

Strache erklärte in einer Mitteilung, der gegen ihn erhobene Vorwurf der Bestechlichkeit entbehre "jeder Grundlage".

Insgesamt wird nach Behördenangaben derzeit gegen sechs Personen und einen "Verband" ermittelt; Namen wollte eine Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft nicht nennen. Sie erklärte: "Es geht um den Verdacht, dass zwischen Verantwortlichen eines Glücksspielunternehmens und Amtsträgern der Republik Österreich im Gegenzug für die Bestellung eines bestimmten Kandidaten einer Aktiengesellschaft die parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen vereinbart wurde und eine wohlwollende Unterstützung bei regulatorischen Glücksspielbelangen zugesagt wurde." Es seien mehrere Wohn- und Geschäftsräume in zwei Bundesländern durchsucht worden.

Laut einem Bericht des Standard geht es bei den Ermittlungen um den Verdacht, dass der FPÖ-Politiker Peter Sidlo im Frühjahr 2019 aufgrund eines Deals in den Vorstand der Casinos Austria berufen wurde. Demnach soll Sidlo vom Miteigner Novomatic ernannt worden sein. Im Gegenzug dafür soll die FPÖ Entgegenkommen bei Gesetzesänderungen beim kleinen Glücksspiel in Aussicht gestellt haben. Beim kleinen Glückspiel handelt es sich um das Automatenglücksspiel, das mit einer Lizenz auch außerhalb von Casinos möglich ist - allerdings ist es in mehreren österreichischen Ländern verboten. Novomatic, größter Betreiber dieser Automaten, sträubt sich gegen das Verbot. Ein Novomatic-Sprecher erklärte, die Vorwürfe seien "haltlos". Die FPÖ sagte, sie stehe damit in "keinerlei Zusammenhang".

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