Schiedsrichterin Stéphanie Frappart:"Wir haben keine Angst"

Schiedsrichterin Stéphanie Frappart: Ein Blick, der keiner weiteren Worte bedarf: Schiedsrichterin Stéphanie Frappart.

Ein Blick, der keiner weiteren Worte bedarf: Schiedsrichterin Stéphanie Frappart.

(Foto: AFP)
  • Beim europäischen Super Cup pfeift mit der Französin Stéphanie Frappart erstmals eine Frau ein bedeutendes Uefa-Spiel im Männerfußball.
  • Liverpool-Trainer Jürgen Klopp spricht vor dem Duell mit dem FC Chelsea von einem "historischen Moment".

Von Tim Brack

Unparteiische sind immer dann am besten, wenn nach dem Abpfiff nicht über sie geredet wird. Denn das bedeutet gemeinhin, dass sie keine groben Fehler begangen haben. Keine strittige Strafstoßentscheidung, kein Abseits übersehen, so etwas. Über die französische Schiedsrichterin Stéphanie Frappart wird immer öfter gesprochen - das ist in ihrem Fall jedoch etwas Gutes.

Für die 35-jährige Unparteiische ist 2019 ein berauschendes Jahr, in dem es bisher stetig bergauf geht. Im April pfiff sie als erste Schiedsrichterin in der ersten französischen Liga ein Männerspiel. Im Juli leitete sie dann eine der bedeutendsten Partien im Weltfußball: das WM-Finale der Frauen in Lyon zwischen den USA und den Niederlanden (2:0). Wenige Wochen später kommt nun der nächste Auftritt auf großer Bühne. In Istanbul pfeift sie an diesem Mittwochabend als erste Frau den Uefa Super Cup. Mit Frappart benannte die Uefa erstmals eine Schiedsrichterin für ein bedeutendes Spiel im Männerfußball.

Für Frappart ist diese Premiere keineswegs erdrückend. Sie fühle sich "bereit", sagte sie vor dem Duell zwischen dem Champions-League-Sieger FC Liverpool und dem Europa-League-Gewinner FC Chelsea. Im Besiktas Park wird Frappart von ihren Assistentinnen Manuela Nicolosi (Italien) und Michelle O'Neal (Irland) unterstützt. Vierter Offizieller ist der Türke Cuneyt Cakir. "Wir trainieren die ganze Zeit. Wir haben keine Angst, wir sind immer bereit", versicherte Frappart. Sie blickt nüchtern auf diese Premiere, die eine gesellschaftliche Bedeutung hat: "Für mich ist es dasselbe. Der Fußball ist derselbe, die Regeln sind dieselben."

Dass es eben aber noch keine Selbstverständlichkeit ist, dass Schiedsrichterinnen auf dieser Ebenen mit Männerpartien betraut werden, zeigt die Reaktion von Liverpool-Trainer Jürgen Klopp. Er sprach von einem "historischen Moment". "Es ist an der Zeit, dass das passiert", befand Klopp. "Es gibt so viele Dinge in der Welt, bei denen wir offensichtlich nicht klug sind, die richtige Entscheidung zu treffen. Das hier ist eine sehr kluge Entscheidungen, eine Schiedsrichterin in einem sehr, sehr wichtigen, einem großen Spiel einzusetzen. Es ist das erste, aber ich hoffe nicht das letzte Mal." Chelsea-Verteidiger César Azpilicueta war "glücklich zu sehen, dass sich die Welt weiterentwickelt". Und Liverpools Abwehrchef Virgil van Dijk betonte, dass das Geschlecht der Unparteiischen keine Rolle spiele.

Steinhaus und Frappart noch ziemlich allein

Die Nominierung von Frappart ist ein deutliches Zeichen, das die Position der Schiedsrichterinnen im Weltfußball stärkt. Mit einem Millionenpublikum vor den Fernsehgeräten wird zudem ein Signal in die Gesellschaft gesendet. Wenn eine Schiedsrichterin ein bedeutendes Spiel bei den Männern leitet, kann das nur inspirierend für junge Mädchen sein - nicht nur für die, die sich mit der Schiedsrichterei beschäftigen.

Denn Schiedsrichterinnen im Männerfußball sind längst noch nicht überall angekommen. Neben der Französin ist die Deutsche Bibiana Steinhaus die einzige Frau, die bereits in einer der großen Profiligen Fußballer gepfiffen hat. In England, Spanien und Italien stehen die Premieren noch aus. Als erste Frau überhaupt im Uefa-Männerfußball hatte die Schweizerin Nicole Petignat zwischen 2004 und 2009 drei Qualifikationspartien zum Uefa-Cup gepfiffen. Für den Super Cup wäre Bibiana Steinhaus womöglich auch eine Kandidatin gewesen. Doch sie hatte sich während der WM verletzt und ist immer noch nicht fit. Zuletzt musste sie einen Sporttest absagen, der nötig ist, um in der Bundesliga aktiv zu sein.

Frappart spürt bereits eine Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung seit ihrer Nominierung. "Ich bin jetzt bekannter", sagt die Französin, die mit 19 Jahren in Frankreichs siebter Liga bereits ihre ersten Männerspiele leitete. Durch ihren Aufstieg in Frankreich sei sie auf "die Emotionen vorbereitet" gewesen. Der Trubel vor dem Super Cup war immens. Wie und ob danach über Frappart gesprochen wird, hat sie selbst in der Hand.

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