Weniger Verträge:Die Lust verloren

Die Zahl der Riester-Verträge sinkt. Die einst beliebten Rentenversicherungen leiden am meisten unter den niedrigen Zinsen.

Von Andreas Jalsovec

Das Jahr 2018 war ein besonderes Jahr in der Geschichte der Riester-Rente. Erstmals seit der Einführung der staatlich geförderten privaten Zusatzvorsorge im Jahr 2001 ging die Zahl der Riester-Verträge zurück: um 15 000 auf knapp 16,6 Millionen. Und wenn nicht alles täuscht, dürfte sich die Entwicklung auch 2019 fortsetzen. Denn im ersten Halbjahr sank die Zahl erneut - diesmal um gut 30 000 Verträge. Der Rückgang zeigt: Viele Sparer und Anbieter haben offenbar die Lust am Riestern verloren. Das gilt vor allem für Riester-Rentenversicherungen: Das bei Weitem beliebteste Riester-Produkt leidet am meisten unter dem niedrigen Zinsniveau.

Dennoch kann ein Riester-Vertrag nach Ansicht von Verbraucherschützern und Anlageberatern noch immer eine sinnvolle Form der Altersvorsorge sein. "Jeder muss für sich entscheiden, ob er mit den Besonderheiten von Riester-Verträgen leben kann", sagt etwa der unabhängige Versicherungsberater Georg Pitzl. Zu diesen Besonderheiten gehöre etwa die erzwungene Umwandlung der angesparten Beträge in eine lebenslange Rente, die eingeschränkte Vererbbarkeit - aber auch die Riester-Garantie. Sie sorgt zwar dafür, dass die Sparer zu Beginn der Rente mindestens ihre eingezahlten Beträge plus Zulagen erhalten. Um das zu garantieren, müssen die Anbieter allerdings während der Ansparphase sichere Anlagemodelle wählen. Riester-Verträge erwirtschaften daher meist vergleichsweise geringe Erträge. "Wer das akzeptiert, für den kann ein Riester-Vertrag durchaus ein Produkt sein, das einen Teil der Altersvorsorge finanziert", sagt Pitzl. Damit das Riester-Sparen jedoch nicht in einer Enttäuschung endet, sollte man stets die staatliche Förderung ausschöpfen. "Riester lohnt sich nur mit der vollen Förderung", sagt Theodor Pischke, Altersvorsorgeexperte bei der Stiftung Warentest. So zeigten die Untersuchungen der Warentester, dass die Rendite der Riester-Verträge ohne die komplette Förderung meist "eher mau aussieht", meint Pischke: "Die Förderung peppt die schlappen Anbieterrenditen auf."

Am meisten können davon Sparer mit geringem Einkommen profitieren, die Kinder haben. Bei ihnen machen die Zulagen im Vergleich zum Eigenbeitrag einen relativ hohen Anteil aus. Auf der anderen Seite können auch Besserverdienende mit einem Riester-Vertrag gute Renditen erzielen, weil bei ihnen die Steuervorteile in der Ansparphase stärker zu Buche schlagen.

Das "A und O" beim Riester-Sparen sei aber die Anbieterauswahl, meint Josephine Holzhäuser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. "Es gibt bei Riester durchaus gute Verträge. Aber die muss man erst einmal finden", sagt sie. Wegen des geringen Zinsniveaus empfehlen Verbraucherschützer dabei jüngeren Anlegern in der Regel Riester-Fondssparpläne, bei denen die Sparbeiträge ausschließlich in Aktien, Misch- oder Rentenfonds fließen (siehe Tabelle). Sie sind nicht zu verwechseln mit den Riester-Rentenversicherungen auf Fondsbasis, die oft hohe Kosten verursachen. Für Verbraucher, die älter sind als 50 Jahre, lohnen sich Fondssparpläne jedoch wegen der geringen Restlaufzeiten nur bedingt, meint Josephine Holzhäuser: "Da kann es unter Umständen sinnvoller sein, auf dem freien Markt nach einem passenden Produkt Ausschau zu halten". In jedem Fall sollten sich Anleger vor der Entscheidung unabhängig beraten lassen.

Wer sich für ein Riester-Produkt entscheidet, sollte die Beiträge ohne Lücke bis zum Ruhestand einzahlen. Und er muss sich klarmachen: Die Zusatzrente, die am Ende herausschaut, ist überschaubar. So geht der Rentenbericht der Bundesregierung zwar davon aus, dass Sparer die 2030 in Rente gehen, im Durchschnitt knapp 280 Euro aus der Riester-Rente erhalten. Dem liegt allerdings die Annahme zugrunde, dass die Verzinsung der Verträge 2019 bei 2,5 Prozent liege, bis 2022 auf vier Prozent steige und dann so hoch bleibe. Das ist eher unrealistisch. Die tatsächliche Höhe der Riester-Rente dürfte daher deutlich geringer sein. Und: Die Empfänger müssen sie im Ruhestand auch noch versteuern.

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