Umweltschutz:Klinkenputzen für den Naturschutz

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Junge Leute werben im Namen von Bund Naturschutz, unterstützt von Kreisvorstand Günter Schorn (re.), Helene Falk (2. v. re.) und Klaus Hirsch (li.). (Foto: Arlet Ulfers)

Starnberger Kreisgruppe schickt junge Leute von Tür zu Tür, um Mitglieder zu werben

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Wenn es dieser Tage bei Tutzingern an der Haustür klingelt, könnten ein junger Mann oder eine Frau im weiß-grünen Bund-Naturschutz-Shirt draußen stehen, freundlich grüßen und für eine Mitgliedschaft in der Umweltorganisation werben. Zehn Schüler und Studenten sind aus ganz Deutschland angereist, um im Auftrag der Kreisgruppe Starnberg des Bundes Naturschutz (BN) neue Mitglieder zu gewinnen. Tutzing bildet den Auftakt für die sechswöchige Kampagne. In deren Verlauf sollen die professionellen Werber, die für jeden abgeschlossenen Vertrag eine nicht näher genannte Summe erhalten, möglichst viele Haushalte in allen 14 Landkreisgemeinden direkt aufsuchen.

BN-Kreisvorsitzender Günter Schorn begründete die Aktion am Montag bei einem Pressegespräch am Tutzinger Keller damit, dass keine andere Werbemaßnahme so schnell so viel Erfolg bringe. Daher investiere man alle vier bis sechs Jahre in eine Haustürkampagne. Schorn rechnet nach Abschluss dieser nun bereits vierten derartigen Aktion mit etwa 500 neuen Mitgliedern. Damit könnte der Kreisverband Starnberg seine Mitgliederzahl von derzeit 3724 wieder auf mehr als 4000 steigern. Mit diesem Höchststand wäre der Kreisverband erneut der mitgliederstärkste von 76 Kreisgruppen in ganz Bayern im Vergleich zur Einwohnerzahl.

Möglichst viele passive Mitgliedschaften zu akquirieren, ist dem BN wichtig, da sich der größte Natur- und Umweltschutzverband Bayerns fast ausschließlich aus Beiträgen und Spenden finanziert. Direkte öffentliche Zuschüsse gebe es nur in geringem Umfang für Biotoppflege, Amphibienschutz und Umweltbildungsangebote, so Schorn. Die eigenen Finanzmittel gewährleisteten aber Unabhängigkeit, auch politische. "Wir können anders auftreten und zum Beispiel Flächenfraß kritisieren", sagt Helene Frank, Geschäftsführerin der BN-Kreisgruppe. Der Jahresbeitrag liegt bei 60 Euro, für Geringverdiener bei 24 Euro.

Der Kreisverband freut sich nicht nur über zahlende Mitglieder, sondern sucht auch Aktive. Wer mithelfen will, Fledermäuse zu schützen, Artenvielfalt zu erhalten, Biotope zu entbuschen oder Obstbäume zu pflanzen, kann das beim Mitgliedsantrag ankreuzen. "Die Leute merken ja, was sie hier verlieren, etwa durch Zersiedelung und Straßen. Wir haben hier so viele Biotope und Naturschätze - da muss man was tun", fordert Helene Frank zum Mitmachen auf. Immerhin ist das Umweltbewusstsein bei den Landkreisbürgern dahingehend ausgeprägt, dass die Grünen hier immer wieder Spitzenergebnisse einfahren und der Landkreis auch beim Bienenvolksbegehren ganz vorn dabei war.

Diese Haltung erleichtert den jungen Werbern oftmals den Gesprächseinstieg. "'Fridays for Future' und umweltpolitische Themen sind gute Türöffner, besonders bei jungen Leuten", hat Melina von Taboritzki, 18-jährige Schülerin aus der Nähe von Stuttgart, festgestellt. Einige Werber sind selbst BN-Mitglieder, wie sie sagen. "Gutes tun und dabei Geld verdienen", nennt Benedikt Wetterau, 23-jähriger Student der Human- und Molekularbiologie aus dem Saarland, als Motivation für den Ferienjob. Der bedeutet für jeden, täglich zwischen 13 und 20 Uhr 50 bis 100 Leute anzusprechen. "Durchschnittlich lassen sich fünf Mitglieder pro Mann und Tag gewinnen", so die Erfahrung von Lea Gittermann, 19, aus Frankfurt am Main. Zehn bis 20 Prozent springen innerhalb eines Jahres wieder ab. Dass Haustürgeschäfte samt Angabe der Kontodaten bei Bürgern auf Misstrauen und Ablehnung stoßen, bekommen die Werber auch zu spüren. Sie seien schon vom Grundstück gejagt und von Hunden gebissen worden. Lea Gittermann hat auch schon gehört: "Ich sterbe eh bald, für mich ist Naturschutz nicht mehr relevant."

© SZ vom 21.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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