Solln:Neubau hinter der Rendtorff-Villa

Demonstration gegen den Abriss einer Villa in Münchnen, 2018

Unbedingt erhaltenswert: Das Bündnis Gartenstadt hat Hunderte Unterschriften gegen den Abriss der Villa an der Linastraße gesammelt.

(Foto: Claus Schunk)

Landeskirche und Streiter für den Erhalt des Hauses versuchen einen Kompromiss. Doch der hat wenig Aussicht auf Erfolg

Von Jürgen Wolfram, Solln

Vor einem Jahr noch schien die Auseinandersetzung um die Rendtorff-Villa an der Linastraße 3 a entschieden zu sein: Die evangelische Landeskirche würde ihr Gebäude abreißen lassen und durch ein Mehrfamilienhaus ersetzen. Stets hieß es von kirchlicher Seite, die Notwendigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wiege schwerer als der Wunsch, eine kulturhistorisch und städtebaulich wertvolle Immobilie zu erhalten. Doch seither hat sich im Stillen einiges getan.

Oberkirchenrat Erich Theodor Barzen traf sich mehrmals mit Vertretern des Bündnisses Gartenstadt München, dem Forum "Lebenswertes München" sowie dem Denkmalnetz Bayern, um eine Kompromisslösung zu diskutieren. Danach sollte die Sollner Villa stehen bleiben und das Mehrfamilienhaus im hinteren Grundstücksbereich errichtet werden. Doch diese Variante hat einen Haken: Das Baurecht gibt eine derartige Nutzung des Areals an der Linastraße nicht her, müsste also "angepasst" werden. Im Referat für Stadtplanung und Bauordnung hält man indes wenig von einer Korrektur des Bebauungsplans und hat dies den Verhandlungspartnern bereits signalisiert. Eine endgültige Entscheidung ist nicht gefallen, wird von den Beteiligten aber noch in diesem Jahr erwartet.

Aus gemeinsamen Erklärungen der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) und der genannten Initiativen wird ersichtlich, wie intensiv über Monate um eine befriedigende Übereinkunft gerungen worden ist. Am Ende konnte sich die ELKB die Verwirklichung der vorgeschlagenen kombinierten Neubau- und Erhaltungslösung tatsächlich vorstellen, sofern es bei einer zu schaffenden Wohnfläche von 600 bis 650 Quadratmetern bleibe, die Baukosten unter den geänderten Vorzeichen um nicht mehr als zehn Prozent stiegen und sich die Zeitverzögerungen durch die Umplanung "in vertretbarem Rahmen" hielten. Die ELKB sicherte zugleich Mieten für die Wohnungen im Neubau zu, die "deutlich unter Marktniveau" lägen. Mindestens die Hälfte der künftigen Bewohner sollen Kräfte des Evangelischen Pflegezentrums Sendling sein.

Vor ein paar Wochen erst hat der Bayerische Rundfunk dem "Konfliktfall Trutz-Rendtorff-Villa" in seiner Reihe "Theo.Logik" einen Beitrag gewidmet. Darin kam unter anderem die jüngste Tochter des Theologen Trutz Rendtorff zu Wort. Verena Rendtorff wiederholte den unter Anwohnern, städtischen Initiativen und in ihrem Familienkreis ausgeprägten Wunsch, die Villa an der Linastraße 3 a zu erhalten, am besten als Seminar- und Studienhaus. "Mein Vater hätte das sehr unterstützt." Andreas Dorsch, Sprecher des Bündnisses Gartenstadt, rief dazu auf, das kulturelle Erbe im Reigen der Schutzgüter höher zu bewerten, als dies in München gegenwärtig der Fall sei. Dorschs Vereinigung hatte gegen den Abriss der Rendtorff-Villa Hunderte Unterschriften gesammelt, ferner eine Demonstration in der Linastraße organisiert.

Auf der anderen Seite, sagte Erich Barzen Bayern 2, sei "in der Abwägung" die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in einer Stadt mit Wohnungsnot das "wichtigere gesellschaftliche Ziel". Im Rückblick auf die Gespräche mit den Initiativen betonte der Oberkirchenrat gegenüber der SZ: "Wir haben guten Willen zum Kompromiss gezeigt." Allerdings seien nicht nur das Planungsreferat, sondern auch Kirchenanwälte zu dem Schluss gelangt, dass eine Umsetzung des Übereinkommens baurechtlich problematisch wäre. Ein entsprechender Antrag soll dennoch gestellt werden. Andreas Dorsch hegt seinerseits die Befürchtung, die Baubehörde könnte sich scheuen, den betreffenden Bebauungsplan "anzufassen". Er glaubt aber, die Bauleitplanung ließe Anpassungen, wie im vorliegenden Fall erwünscht, durchaus zu. Keineswegs müsse es deshalb zu einer Welle vergleichbarer Baugesuche kommen.

Letzter Bewohner der stilvollen Villa in Solln ist Trutz-Gotthilf Peter Rendtorff gewesen, ein renommierter evangelischer Theologie-Professor. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes starb am 24. Dezember 2016. Rendtorff hinterließ eine wertvolle Privatbibliothek. Die immerhin ist schon mal gerettet; sie wurde in die Studienhaus-Stiftung Gut Schönwag bei Wessobrunn überführt und kann dort zu Forschungs- und Studienzwecken genutzt werden.

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