Koalitionsverhandlungen:Der Präsident hat es eilig

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Staatsoberhaupt Sergio Mattarella möchte bereits Anfang nächster Woche eine klare Vorstellung davon haben, ob es im bestehenden Parlament eine solide Mehrheit gibt.

Von Oliver Meiler

In römischen Quirinalspalast, Amtssitz des italienischen Staatspräsidenten, laufen nun die Konsultationen zur Lösung der Regierungskrise. Theoretisch sind mehrere Beratungsrunden mit den Parteien möglich. Doch Staatsoberhaupt Sergio Mattarella, das in dieser Phase die Fäden zieht, hat es eilig: Die erste Runde setzte er an, da war die populistische Koalition aus Cinque Stelle und Lega erst seit ein paar Minuten zerbrochen.

Bereits Anfang nächster Woche, so hört man, möchte er eine klare Vorstellung davon haben, ob es im bestehenden Parlament eine andere und solide Mehrheit gibt, die es bis zum Ende der Legislaturperiode 2023 schaffen könnte und wer eine solche anführen würde. Am wahrscheinlichsten mutet ein neues Bündnis aus den Fünf Sternen und den Sozialdemokraten vom Partito Democratico an. Mit den Stimmen von Fraktionslosen und Vertretern der autonomen Regionen hätten sie in beiden Kammern eine Mehrheit. Noch aber ist schleierhaft, wie ihr gemeinsames Regierungsprogramm aussehen und wer ein gelb-rotes Kabinett anführen könnte.

In seiner Direktionssitzung beschloss der Partito Democratico am Mittwoch, den Dialog mit den Sternen aufzunehmen, und stellte fünf Vorbedingungen: klares Treuebekenntnis zur EU; Zentralität des Parlaments; nachhaltige umweltbewusste Entwicklung; neuer Umgang mit den Migrationsflüssen in europäischer Regie; Umkehr in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Scheitern die Verhandlungen für diese einzig mögliche Alternative, könnte Mattarella die Parlamentskammern sofort auflösen und Neuwahlen für Herbst ansetzen. Frühester Termin wäre dann wohl Anfang November. Die Kampagne fiele mitten in die heiklen Etatdiskussionen für 2020. Mattarella kann aber auch ein "institutionelles Übergangskabinett" berufen, das die dringenden Geschäfte erledigt und mittelfristig zu Neuwahlen führt. In diesem Fall würden die Italiener wahrscheinlich im Frühjahr wählen.

© SZ vom 22.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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