Justizministerium:"Generalangriff auf Unternehmen"

Vorstoß von Christine Lambrecht gegen Wirtschaftskriminalität stößt auf Kritik.

Justizminsterin

Justizminsterin Christine Lambrecht (SPD) will für Großunternehmen, die betrügen, Bußgelder in Höhe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes einführen.

(Foto: Regina Schmeken)

Das geplante Gesetz zur schärferen Ahndung von Wirtschaftskriminalität hat in Teilen der Union, bei FDP, Anwälten und Arbeitgebern Kritik ausgelöst. Der stellvertretende CSU-Landesgruppenvorsitzende Hans Michelbach sprach von einem "Generalangriff auf Unternehmen". Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will unter anderem die möglichen Geldbußen für Konzerne drastisch erhöhen, auf zehn Prozent des Umsatzes bei Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz. Michelbach sagte: "Die Koalition muss aufhören, die Belastungsfähigkeit der Wirtschaft zu testen."

Der Deutsche Anwaltverein hält Lambrechts Plan für unnötig

Der stellvertretende rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), lobte zwar, nun komme "endlich Schwung" in ein lang erwartetes Gesetzesvorhaben. Die wichtigsten Punkte von Lambrechts Entwurf waren bereits im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vereinbart worden, so auch die neue Maximal-Geldbuße. Der CDU-Politiker kritisierte indes Lambrechts über den Koalitionsvertrag hinausgehenden Vorschlag, dass die Justiz im Extremfall ein Unternehmen auch auflösen dürfe. "Die Strafe träfe am Ende Mitarbeiter, Aktionäre und Kunden - und damit die Falschen." Luczak wandte sich auch dagegen, dass Sanktionen künftig in einem öffentlichen Register bekanntgemacht werden sollen. "Ich bin sehr für Transparenz, aber seit dem Mittelalter haben wir den Pranger eigentlich hinter uns gelassen." Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Die Sanktionen sollen auf geeignetem Weg öffentlich bekannt gemacht werden."

Die Sorge vor einer "Prangerwirkung" drückte auch die Stiftung Familienunternehmen aus, deren Sprecher mitteilte, eine Pflicht zur Veröffentlichung von Urteilen würde zentrale Prinzipien des Rechtsstaats verletzen. "Das Bundesverfassungsgericht wäre gezwungen, eine solche Regelung als verfassungswidrig einzustufen." Der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae forderte, dass die Justiz sich weiterhin auf einzelne tatverdächtige Manager konzentrieren sollte, statt ganze Unternehmen zu sanktionieren - andernfalls gebe die Justizministerin "den Kampf gegen die Strippenzieher auf, die hinter den großen Unternehmensskandalen stecken".

Für den Deutschen Anwaltverein erklärte der Vorsitzende von dessen Strafrechtsausschuss, Rainer Spatscheck, das ganze Gesetzesvorhaben sei nicht nötig. Fälle wie die jüngsten Dieselskandale zeigten gerade: "Die Verantwortlichen können strafrechtlich verfolgt werden." Ebenso betonte der Arbeitgeberverband BDA: "Das bestehende Straf- und Ordnungswidrigkeitsrecht bietet heute schon umfassende Möglichkeiten."

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