Café Roma:"Man kann sagen: Es ist ein Lebenswerk"

Café Roma: Fast um die Ecke vom ehemaligen Kultrestaurant Roma hat Gabriel Levy ein neues Roma aufgemacht.

Fast um die Ecke vom ehemaligen Kultrestaurant Roma hat Gabriel Levy ein neues Roma aufgemacht.

(Foto: Catherina Hess)

Der Tresen: zentnerschwer. An den Wänden: hochrangige Kunst. München hat seine berühmte Bühne für die Reichen und Schönen zurück: das Café Roma in der Maximilianstraße.

Von Franz Kotteder

Seehofer war gleich am ersten Abend da, mit vier Personen. Und das, obwohl ja im alten Roma - wie das klingt! - sein Parteifreund Markus Söder ein häufiger Gast war. Aber Seehofer steht, mit lauter Großbuchstaben geschrieben, für Dienstag, 20. August, im Reservierungsbuch des neuen Café Roma. Ob sich's dabei tatsächlich um den Bundesinnenminister handelte, darüber schweigen sich die Bedienungen allerdings aus.

Nun ist Seehofer nicht nur Innen-, sondern auch Heimatminister. Und wenn man so will, dann steht das Roma ja auch ein bisschen für den Münchner Heimatbegriff. Denn wenn draußen im Rest der Republik als Tatsache aufgefasst wird, dass die Münchner kurz nach der Schneeschmelze ihre Sonnenbrillen aufsetzen und bis nach der Wiesn nicht mehr abnehmen, es sei denn, sie würden ihnen operativ entfernt, dann ist daran ganz sicher auch das alte Café Roma schuld. Neben dem Tambosi am Odeonsplatz. Die große Freiterrasse zwischen Maximilianstraße und Karl-Scharnagl-Ring war sieben Jahre lang die allerschönste Bühne für Schickimickis, Schauspieler und Schauspielerinnen, erfolgreiche Fußballer wie Oli Kahn und Bastian Schweinsteiger sowie ihre vorwiegend weiblichen Fans. Die restlichen Plätze füllten nicht eben selten junge Schnösel mit dem Beruf Sohn auf, in der weiblichen Variante auch junge Damen, die nebenbei modelten, an der Bezeichnung "Blondine" nichts Schlechtes fanden und den entsprechenden Witzen eher verständnislos gegenüberstanden.

So war das alte Café Roma ein schönes Biotop für eine Münchner Gesellschaft, die man sonst nur aus der Fernsehserie Kir Royal von Helmut Dietl kannte, und ein keineswegs stiller Ort der Einkehr für all jene Menschen, die sich ausgedehnte Einkaufsbummel auf der Maximilianstraße leisten konnten. Manche parkten ihren Porsche oder Ferrari direkt davor. Im Halteverbot zwar, aber egal: Auf den Strafzettel mehr oder weniger kam's nun wirklich nicht an.

Ob es dieses München so überhaupt noch gibt, wird sich jetzt zeigen. Denn die große Freiterrasse gibt es wieder. Ein bisschen kleiner ist sie jetzt, 150 Plätze sind es, und sie zieht sich auch nicht bis zur Maximilianstraße vor. Denn das neue Café Roma ist nicht dort, wo das alte Café Roma war, sondern ein Haus weiter. Im alten Haus, das der Bayerischen Versorgungskammer gehört, ist seit gut zehn Jahren ein Flagship-Store des italienischen Luxusmodelabels Gucci eingezogen, sehr zur Freude der Kreditkartenbesitzerinnen, die um die Ecke im Hotel Vier Jahreszeiten logieren.

Das neue Café Roma aber befindet sich in der Maximilianstraße 33, früher war hier eine Teppichhandlung untergebracht, das Haus im Stile des Architekten Friedrich Bürklein wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut und gehört heute der städtischen Gewofag. Als der Teppichhändler Ende 2011 sein Geschäft aufgab, kam schnell der Gedanke auf, das Café Roma wiederzubeleben. Der Großgastronom Stephan Kuffler interessierte sich für den Ort, zog seine Bewerbung später aber wieder zurück, nachdem er hatte nachrechnen lassen, was der Umbau kosten würde. Einen aber schreckte das nicht ab: Gabriel Lewy. Der erfolgreiche Szenegastronom hatte auch schon das alte Café Roma betrieben. Im Jahr 2000 hatte er es mit seiner damaligen langjährigen Lebensgefährtin, der Schauspielerin Iris Berben, übernommen und, so kann man das schon sagen, zu großer Blüte geführt.

Café Roma: Das neue Café Roma ist ein Prachtstück geworden, in dem es viele neue, hübsche und ironische Details gibt.

Das neue Café Roma ist ein Prachtstück geworden, in dem es viele neue, hübsche und ironische Details gibt.

(Foto: Catherina Hess)

Hätte er gewusst, was da auf ihn zukommt, hätte er sich trotzdem an die Sache gewagt? Der 74-jährige Lewy lächelt nur und meint: "Man kann sagen: Es ist ein Lebenswerk." Und für ihn ist es auch eine Art Heimkehr, denn erstaunlich viele der früheren Roma-Mitarbeiter sind jetzt wieder mit von der Partie. Der Küchenchef von damals ist auch heute wieder Küchenchef. Die Restaurantleiterin Jeanne Prêcheur war im alten Roma schon Bedienung, so wie Carmen Perzlmeier, die nach elf Jahren wieder als Kellnerin hier arbeitet. Auch Behzad Ansari, ein alter Wegbegleiter von Lewy, ist als Geschäftsführer mit dabei. Zusammen haben sie zeitweise sieben Lokale in München betrieben, vom Atlas übers Roxy bis zum Roma, heute gehören zu Lewys Gastro-Reich noch das Café Wiener Platz und das Café Soda.

2013 bereits hatte Lewy den Zuschlag erhalten, das städtische Kommunalreferat wollte dezidiert wieder ein Café Roma an diesem Ort haben, auch um den Platz zu beleben. Dann aber stellte sich bald heraus, dass das Gebäude zwar nicht total baufällig war, es aber doch große Probleme mit der Statik gab. Zeitweise stand gar zu befürchten, dass die oberen Stockwerke beim Umbau bis zum Keller durchrauschten. Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes, das war bald klar, würde teuer kommen und etwas länger dauern. Auch ein Stadtratsbeschluss musste her.

Es gingen dann die Jahre ins Land. Es mussten Stahlträger eingebaut werden, so massiv, wie man sie sonst nur von Autobahnbrücken kennt. Und immer wieder gab es Verzögerungen. Eigentlich wollte die Stadt 2015 mit der Sanierung fertig sein, es dauerte volle vier Jahre länger.

Wäre diese Zeit nicht so absurd lange für ein Restaurant, müsste man sagen: Die lange Dauer hat sich gelohnt. Denn das neue Roma ist ein wahres Prachtstück geworden, vor allem drinnen - die Freiterrasse mit den grünen Marmortischen wirkt fast ein bisschen zu mondän und etwas gedrängt. Drinnen aber haben sich die Architekten Daniel Hildmann und Daniela Wilke beinahe selbst übertroffen, haben mit den unterschiedlichsten Materialien und zahllosen, oft hübsch ironischen Details eine bezaubernde Bühne für die Schönen und Reichen und Adabeis dieser Stadt geschaffen. Es gibt einen zentnerschweren Zinntresen für die Bar, einen Durchblick ins obere Stockwerk, der dem Ausschnitt der Bar entspricht, edle Tapeten, die den Zuschauerraum eines Barocktheaters zeigen. Verschiedenste Lichtquellen, vom vielarmigen Sputnik-Leuchter bis zur tulpenförmigen Stehlampe, und doch ist das alles kein Sammelsurium, sondern ein stimmiges Ensemble, das man staunend betrachten kann. Und es gibt viel hochrangige Kunst an den Wänden: von Florian Süssmayr über Tanja Hirschfeld bis Stefan Sczcesny. Alles Originale, versteht sich.

Bei all diesem Aufwand: Wann haben sich die ganzen Kosten dafür wohl amortisiert? "Fünf Jahre, schätze ich mal", sagt Lewy. So gesehen ist der Cappuccino im neuen Roma mit 3,90 Euro nicht zu teuer.

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