Ludwigsvorstadt:Griff nach der Waffe

Vor etwa einem Jahr ging ein Mann in der Schwanthaler Straße auf einen Polizisten los und versuchte beim Gerangel dessen Waffe an sich zu bringen. Nun steht der 56-Jährige vor Gericht.

Von Susi Wimmer

Die Szenen ähneln sich auf gespenstische Weise: Im Juni 2017 rangelt ein Mann im Akutstadium einer paranoiden Schizophrenie mit einem Polizeibeamten, im Kampf greift er nach der Waffe des Beamten. Er kann sie aus dem Holster ziehen, schießt in der S-Bahnstation Unterföhring um sich und trifft eine 26 Jahre Polizeibeamtin am Kopf. Gut ein Jahr später geht in der Schwanthaler Straße ein anderer Mann, der unter paranoider Schizophrenie leidende Peter W. (Name geändert), ebenfalls auf einen Polizisten los. Es kommt zum Gerangel, beide fallen zu Boden und W. versucht, die Waffe an sich zu bringen. Doch diesmal hält die Sicherung am Holster. Jetzt steht der 56-Jährige vor der 3. Strafkammer am Landgericht München I, die unter anderem entscheiden soll, ob der Münchner gemeingefährlich ist und in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung bleiben muss.

Das Leben von Peter W., es hätte auch anders verlaufen können. Er habe beim FC Bayern in der Jugend gespielt, erzählt er vor Gericht, doch dann kamen im Alter von 15 Jahren die Drogen ins Spiel. Haschisch, Marihuana, "und Alkohol war immer dabei". Von da an sei es mit der Fußballkarriere vorbei gewesen. Immer wieder stützt W. den Kopf auf die Hände und blickt nach unten. Er versucht, sein Leben zu rekonstruieren. "Ich hab' ne schöne Kindheit g'habt", glaubt er. Dann erzählt er, dass die Eltern nie da waren, er sich um seine kleine Schwestern kümmern musste. Als die Familie nach Taufkirchen zog, sei er abgerutscht. "Damals war das wie Neuperlach: viel Brutalität." Er machte eine Lehre und versuchte mit 19 Jahren, seinem Leben ein Ende zu setzten. "Vielleicht, wenn man mal g'red hätt... ", sagt er in Bezug auf seine Eltern.

Diverse Jobs, Ehen, immer wieder Aufenthalte in Haar und Psychopharmaka - im März 2018 landete W. auf der Straße. Er soll mit den EC-Karten seines Onkels und seiner Mutter 7000 Euro unberechtigt abgehoben und seine Ex-Freundin gestalkt haben. Als diese die Polizei rief, soll er die Beamten getreten und versucht haben, an die Waffe zu gelangen. Daran kann er sich heute nicht mehr erinnern. "Mit den Medikamenten ist das Denken besser geworden", sagt er heute. "Es ist ein betreutes Wohnen mit forensischer Anbindung angedacht", sagt seine Anwältin Birgit Schwerdt. Kommende Woche wird die Kammer unter dem Vorsitz von Frank Schaulies entscheiden.

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