US Open:Lasst die Trainer coachen!

US Open: Der Beginn des Zanks: Serena Williams (r.) mit Schiedsrichter Carlos Ramos.

Der Beginn des Zanks: Serena Williams (r.) mit Schiedsrichter Carlos Ramos.

(Foto: AFP)

Um eine Eskalation wie im Vorjahr zwischen Serena Williams und dem Schiedsrichter zu verhindern, wurden bei den US Open die Regeln geändert - doch die Maßnahmen greifen zu kurz.

Kommentar von Jürgen Schmieder, New York

Es ist natürlich die unsinnigste Regel in der an unsinnigen Regeln nun wahrlich nicht armen Welt des Sports, dass ein Tennistrainer während einer Partie keine Anweisungen geben darf. Man stelle sich vor, Jürgen Klopp müsste 90 Fußballminuten lang regungslos auf der Bank des FC Liverpool lungern, Hagen Stamm am Beckenrand beim Wasserball oder Ulli Wegner in der Ecke eines Boxrings, ohne seine Reibeisenstimme benutzen zu dürfen.

Beim US-Open-Finale der Frauen im vergangenen Jahr interpretierte der Schiedsrichter, Carlos Ramos, eine Geste von Serena Williams' Trainer Patrick Mouratoglou als taktischen Hinweis. So begann der Streit zwischen Williams und Ramos auf dem Court, in dem es am Ende plötzlich auch um Rassismus und Sexismus ging.

Es gibt nun bei den US Open ein paar Regeländerungen, die eine Eskalation epischen Ausmaßes in diesem Jahr verhindern sollen. Erstens: Ramos wird keine Partie der Williams-Schwestern leiten. Die hatten das - ein wichtiges Detail - nicht verlangt, es ist indes nachvollziehbar, um Debatten schon im Vorfeld zu vermieden. Referee Carlos Bernardes hatte nach einem Streit mit Rafael Nadal im Jahr 2015 ein paar Monate lang keine Spiele des Spaniers mehr als Unparteiischer begleitet. "Wir haben großartige Schiedsrichter, also sind wir flexibel", sagt der neue Turnier-Schiedsrichter in New York, Sören Friemel, der auch mit der zweiten Änderung zu tun hat: Er und sein Kollege Jake Garner werden umstrittene Entscheidungen live im Fernsehen erklären und so transparenter machen.

"Wir sollten die Heuchelei beenden", sagt Mouratoglou

Drittens: Verwarnungen werden auf der Anzeigetafel vermerkt. Serena Williams hatte im vergangenen Jahr geglaubt, dass Ramos die erste Verwarnung zurückgenommen habe, nun soll jeder im Stadion immerzu informiert sein. Viertens: Schiedsrichter sind angehalten, sollten sie Coaching vermuten, erst einmal einen Tadel auszusprechen, ehe sie Akteure mit einer Verwarnung belegen.

Diese Maßnahmen sind allesamt sinnvoll, greifen jedoch zu kurz. Was wäre so schlimm daran, wenn Tennistrainer Anweisungen auf den Platz riefen? Die Frauentennisorganisation WTA erlaubt bei einigen Turnieren, dass Trainer ein Mal pro Partie während des Seitenwechsels auf den Platz kommen und mit ihren Spielerinnen reden. Im Davis Cup der Männer darf der Kapitän sogar permanent auf der Bank hocken. Das sind spannende Momente, auch für das Publikum, weil es Einblick in das Zusammenspiel von Akteur und Coach erhält.

"Wir sollten die Heuchelei beenden", sagt Trainer Mouratoglou. Es wäre tatsächlich zum Wohle aller, wenn im Tennis das Coaching während einer Partie erlaubt wäre. Das Problem ist nur: Diese Sportart wird von unterschiedlichen Verbänden für Männer und Frauen organisiert, für jedes Grand-Slam-Turnier gibt es ein eigenes Regelwerk. Eine einvernehmliche Lösung ist so wahrscheinlich wie eine innige Freundschaft zwischen Serena Williams und Carlos Ramos. Und außerdem: Wann hat es zuletzt in irgendeinem Sport eine Regeländerung gegeben, mit der alle zufrieden gewesen sind? Das wäre zu einfach.

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