Julianne Moore in "Gloria":Tanzen bis zum Ende der Welt

Kinostart - 'Gloria - Das Leben wartet nicht'

Gloria (Julianne Moore) und Arnold (John Turturro).

(Foto: dpa)

Julianne Moore spielt im amerikanischen Remake des chilenischen Films "Gloria" eine Frau auf Sinnsuche.

Von Maresa Sedlmeir

Diese Rezension wurde erstmalig im August 2019 veröffentlicht, als der Film in den Kinos lief. Nun zeigt ihn Das Erste am Dienstag um 22.50 Uhr, weshalb wir die Rezension nochmals veröffentlichen.

Sie zupft ihr Blümchenkleid zurecht, nimmt ihren Drink vom Tresen, die Hüften schunkeln sich schon mal warm. Showtime für Gloria, eine Frau Mitte 50, die nach der Arbeit gern tanzen geht. Sie bahnt sich ihren Weg durch die volle Bar. Führt ein oberflächliches Gespräch, das ein bisschen zu laut und ein bisschen zu unangenehm ist, so wie die meisten Bargespräche.

Julianne Moore spielt die Titelrolle in "Gloria". Der Regisseur Sebastian Lélio gibt ihr viel Raum. Fast nur Gloria ist im Bild zu sehen, selbst, wenn andere sprechen. Dass sich nicht alles um sie dreht, passiert Gloria allerdings häufig. Sebastian Lélio porträtiert eine Frau, die früher einmal das perfekte Mädchen von nebenan war. Jetzt ist sie eben eine Frau von nebenan, die Dinge sagt wie: "Wenn die Welt untergeht, sterbe ich hoffentlich tanzend".

Seit zwölf Jahren ist Gloria geschieden, ihre sozialen Kontakte beschränken sich auf "Wie-geht's-denn-so" in After-Work-Klubs, eine streunende Katze und ihre beiden Kinder, denen sie auf die Mailbox spricht. Der Nachwuchs interessiert sich nicht besonders für seine Mutter, unterrichtet sie ab und an im Yoga (Tochter) und lässt sie mal das Enkelkind halten (Sohn). Was also tun gegen das Alleinsein? Tanzen gehen, Lachyoga machen, Earth Wind and Fire im Radio mitsingen. Und sich verlieben. In Arnold, einen paintballspielenden Romantiker, der seit einem Jahr geschieden ist.

Die Geschichte von Gloria ist ein Remake des chilenischen Films "Gloria" aus dem Jahr 2013. Selbe Geschichte, selber Regisseur, der Chilene Sebastian Lélio hat ein Remake seines eigenen Films gedreht. Das Ensemble: voller bekannter Namen. Neben Julianne Moore in der Titelrolle spielt Michael Cera ihren Sohn, John Turturro ihren Freund Arnold. Die Dialoge: Fast eins zu eins vom Original übernommen. Der Film: glatter, schicker und nicht so charmant. Auch das amerikanische Remake ist ein Film, der das Älterwerden bitter und rührend gleichzeitig erzählt.

Arnold kann sich nicht für Gloria entscheiden. Und Gloria? Fährt zu ihm nach Hause, packt sein Paintballgewehr aus dem Kofferraum, legt an, knallt mit roten Farbpatronen erst Arnolds Haus, dann ihn ab und steigt wieder ins Auto. Eine der lustigsten Szenen im ganzen Film, in der Julianne Moore ihre Steifheit, mit der sie Gloria spielt, kurz ablegt. Die Frau von nebenan braucht letztlich doch nur sich selbst. Und zwischendrin vielleicht mal Earth, Wind and Fire.

Gloria Bell, USA 2018, Regie: Sebastián Lelio. Buch: Alice Johnson Boher. Kamera: Natasha Braier. Mit: Julianne Moore, John Turturro. Square One, 102 Minuten.

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