Kriminalität:Der Pass allein sagt nichts

Hat die Öffentlichkeit Anspruch darauf, von der Polizei die Nationalität eines Tatverdächtigen zu erfahren? Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, sagt ja - und erliegt dabei einem entscheidenden Denkfehler.

Von Ferdos Forudastan

Gut gemeint ist noch nicht unbedingt gut gemacht, das hat gerade der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul unter Beweis gestellt. Seine Ankündigung, die Polizei werde in Presseauskünften künftig grundsätzlich die Nationalität von Tatverdächtigen nennen, wird nicht nach sich ziehen, worauf man in Düsseldorf hofft: dass die Transparenz düsteren Spekulationen entgegenwirkt und den Rechtspopulisten Wind aus den Segeln nimmt.

Im Gegenteil, Informationen über ausländische Tatverdächtige könnten sich auch beim verantwortungsvollen Umgang der meisten Medien damit schneller verbreiten als bisher - und Hetzer würden sie dann missbrauchen, um noch mehr zu hetzen. Dass auch Deutsche unter den Tatverdächtigen sein werden, wird sie nicht beeindrucken.

Hinzu kommt: Mit der Nennung geht ja nicht die Information einher, dass junge Männer - ob deutsch oder nichtdeutsch - eher straffällig werden als Frauen oder Ältere, dass unabhängig vom Pass eine prekäre Lebenssituation öfter zu Rechtsverletzungen führt als gute Perspektiven - und dass es unter Nichtdeutschen mehr junge Männer in schwierigen Lebenssituationen gibt als unter Deutschen. Allein die Nationalität eines Tatverdächtigen zu nennen, verzerrt das Bild von der Kriminalität hierzulande.

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