Waldschmidt in der DFB-Elf:Er mag Antoine Griezmann

Germany v Serbia: Group B - 2019 UEFA U-21 Championship

Luca Waldschmidt trug in der U21 als spielstarker Neuner die Nummer zehn.

(Foto: Alessandro Sabattini/Getty Images)
  • Luca Waldschmidt ist erstmals im Kader von Bundestrainer Joachim Löw.
  • Der Stürmer des SC Freiburg steht für eine andere Art des Fußballs als die ewigen Vergleichsgrößen Horst Hrubesch und Gerd Müller.
  • In Freiburg hatten sie in diesem Sommer Angst, Waldschmidt zu verlieren.

Von Sebastian Fischer

Joachim Löw hatte zwar Verlierer gesehen an diesem Sommerabend Ende Juni, aber auf der Tribüne im Stadion in Udine sprach er von ihnen wie über Gewinner. "Alle Mannschaftsteile waren irgendwie stark", sagte der Bundestrainer über die Spieler der deutschen U21-Nationalmannschaft, die im Finale gegen Spanien mit 1:2 verloren hatte. "Einige sind schon länger auf unserem Zettel", sagte Löw. Und auf die Frage nach dem wohl größten deutschen Gewinner des Turniers antwortete er: "Ich kenne alle Spieler gut, nicht nur Waldschmidt." Dann lachte er.

Zwei Monate später hat Löw das erste Aufgebot dieser Saison bekanntgegeben, für die EM-Qualifikationsspiele gegen die Niederlande und gegen Nordirland. Waldschmidt, 23, der Torschützenkönig der U21-EM, ist zum ersten Mal dabei. Denn dort, wo auf den Zetteln beim Deutschen Fußball-Bund der Name des Angreifers vom SC Freiburg schon sehr lange steht, ist in diesem Sommer viel hinzugekommen.

"Ich glaub, ich hab mich gut entwickelt", das hat Waldschmidt selbst gesagt, nach dem 4:2 im Halbfinale gegen Rumänien, als er seine Turniertore sechs und sieben geschossen hatte, das letzte mit einem Freistoß zum 3:2 in der 90. Minute. Zuvor hatte er mal mit einem traumhaften Fernschuss mit seinem starken linken Fuß getroffen, mal nach einem Dribbling, mal aus dem Fünfmeterraum. Als würde er gleich beweisen wollen, dass es nun so weitergehen kann, ist er mit Freiburg mit zwei Siegen in zwei Spielen in die neue Saison gestartet und hat zwei Elfmetertore beigetragen.

In Italien nannten sie Waldschmidt "il bomber"

Waldschmidt hat in Italien aber auch darüber gesprochen, warum all das bei ihm noch nicht so lange auf hohem Niveau funktioniert, obwohl er schon seit der U16 Junioren-Nationalspieler war; warum er auch die Zeit bei der U21 brauchte, um Vertrauen in seine Stärken zu gewinnen. "In der Jugend war es so, dass ich gesetzt war. Bei den Profis musst du deinen Platz erkämpfen. Es ist nicht so einfach, wenn du eine ganze Saison auf 110 Prozent läufst, und es gefühlt niemand merkt. Da fällt's dir schwer, dich immer wieder hoch zu ziehen", sagte er. "Ich war vom Kopf noch nicht so weit."

In der Jugend spielte Waldschmidt für Eintracht Frankfurt, unterschrieb mit 17 seinen ersten Profivertrag, aber stand in drei Saisons nur in einem Spiel in der Startelf. Er ging 2016 nach Hamburg, rettete den damals noch nie abgestiegenen HSV mit einem Tor am letzten Spieltag gegen Wolfsburg vor der Relegation, setzte sich aber nie richtig durch. Erst nach seinem Wechsel nach Freiburg 2018 habe er von Trainer Christian Streich das Vertrauen bekommen, "auch wenn es nicht direkt funktioniert hat". Er schoss in seiner ersten Saison beim SC neun Bundesligatore.

Waldschmidt verpasste Löws Anruf zunächst

Die Stürmerposition ist eine, über die in Deutschland besonders gerne debattiert wird, seit in Miroslav Klose 2014 der vorerst letzte Stammspieler als klassischer Mittelstürmer seine Karriere beendete. Während der U21-EM nannte die Gazzetta dello Sport Waldschmidt "il bomber", nach Gerd Müller, dem "Bomber der Nation". Doch der Freiburger ist kein Bomber mit dicken Oberschenkeln, laut DFB wiegt er bei einer Körpergröße von 1,77 Metern 61 Kilogramm. Er ist dementsprechend auch kein "Kopfballungeheuer" wie Horst Hrubesch, der zweiten ewigen Vergleichsgröße für deutsche Angreifer. "Einen Horst sehe ich bei uns nicht im Nachwuchs", sagte der U21-Trainer und frühere Stürmer Stefan Kuntz während des Turniers, "und wenn man den nicht hat, dann muss man anders spielen". Waldschmidt steht für diese Art, anders zu spielen. Er mag Antoine Griezmann, den Angreifer vom FC Barcelona. Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden ist im Ansatz, etwas weniger Kraft mit mehr Spielintelligenz und Technik zu kompensieren, durchaus vorhanden.

Zwar lief er für die U21 als vorderster Stürmer auf, anders als in Freiburg, wo er zurückgezogen hinter Nils Petersen spielt. Doch auch als sogenannter Neuner trug er die Nummer zehn, was seine Rolle gut beschrieb. Wie ein Spielmacher ließ er sich oft fallen, initiierte Angriffe auch mal, wenn er sie nicht abschloss. Und er besetzte - auch dank seines starken Abschlusses sehr effektiv - eher die Räume im Rücken der Gegner als direkt vor dem Tor.

Im DFB-Kader heißen die etablierten Stürmer Timo Werner oder Serge Gnabry, der eigentlich gesetzte Leroy Sané fehlt mit gerissenem Kreuzband. Es fehlt auch weiterhin der Typ Horst. Waldschmidts Spielweise dürfte, mindestens als Ergänzung, recht gut zu jener seiner neuen Kollegen passen. "Er muss schon noch ein paar Dinge lernen", sagte Löw am Donnerstag, er solle "mal reinschnuppern".

In Freiburg hat man sich im Sommer etwas ängstlich die Geschichte von der Gemüsekiste erzählt, deren Lieferung der Veganer Waldschmidt angeblich abbestellt haben soll, was als Indiz für einen möglichen Wechsel gedeutet wurde. Und obwohl Waldschmidt oft gesagt hat, Freiburg vorerst nicht verlassen zu wollen, schreibt die portugiesische Sportzeitung A Bola weiter vom Interesse von Benfica Lissabon. Die Nachfrage wird durch die Nominierung zumindest erst mal nicht kleiner werden. Er habe Löws Anruf zunächst verpasst, sagte Waldschmidt am Donnerstag. Vielleicht hatte er tatsächlich nicht damit gerechnet.

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