Landtagswahl in Sachsen:Die Senioren haben die CDU gerettet

Die AfD profitiert offenbar von ihren Versprechen zur Braunkohle - aber bei Frauen kommt sie schlecht weg: Wer in Sachsen wen gewählt hat.

Von Jana Anzlinger

"Das freundliche Sachsen hat gewonnen", findet Ministerpräsident Michael Kretschmer. Was er damit sagen will: Die CDU geht trotz deutlicher Verluste als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervor, die AfD landet auf Platz zwei. Mit Blick auf die Wähler der Rechtspopulisten fügt Kretschmer hinzu: "Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit, auch mit denen zu sprechen, die wir bisher nicht erreicht haben."

Wen aber hat die CDU erreicht und wen nicht? Welchen Hintergrund haben die AfD-Wähler? Welche Gruppen haben ihre Stimme den Grünen, Linken, SPD und FDP gegeben?

AfD, CDU und Grüne bei jüngeren Wählern fast gleichauf

Die CDU profitiert einer Wahlanalyse der Forschungsgruppe Wahlen zufolge von der Generation 60 plus. Man könnte zugespitzt sagen: Die Senioren haben die CDU gerettet, oder zumindest die Ehre der CDU. 43 Prozent von ihnen gaben bei der Befragung an, Kretschmers Partei gewählt gewählt zu haben. Hingegen stimmte weniger als ein Viertel von ihnen für die AfD. Bei den Babyboomern kam offensichtlich der Wahlkampf der CDU gut an, der zwar eine inhaltliche Neuorientierung hin zu mehr innerer Sicherheit angekündigt hatte, größtenteils aber Kontinuität versprach.

Bei allen Jüngeren liegen CDU und AfD nahe beieinander. Wie bei vielen Wahlen haben sich 30- bis 59-Jährige eher für die AfD entschieden als Junge und Alte. Das Durchschnittsalter in Sachsen fällt mit 46,8 Prozent in diese Gruppe und ist verhältnismäßig hoch.

Bei den 18- bis 30-Jährigen liegen nicht zwei, sondern drei Parteien an der Spitze nah beeinander. Bei ihnen wird die AfD stärkste Kraft: 22 Prozent der Befragten haben der Umfrage zufolge für sie gestimmt. Bei ihnen landen die Grünen mit 19 Prozent auf Platz zwei und die CDU mit 17 Prozent sogar nur auf Platz drei. Für junge Menschen ist Klimaschutz bundesweit ein sehr wichtiges Thema - und die größte Kompetenz zum Thema Klimaschutz sehen die Wähler der Umfrage zufolge bei den Grünen.

AfD profitiert vom Pro-Braunkohle-Wahlkampf

Als "Arbeiterparteien" können sich SPD und Linke in Sachsen wohl kaum noch bezeichnen. Unter Arbeitern schnitt die AfD der Forschungsgruppe Wahlen zufolge am stärksten ab und die CDU am Zweitstärksten.

Der Kohleausstieg und die Zukunft des Braunkohletagebaus beschäftigen viele Menschen in Sachsen und Brandenburg, die Lausitz war in beiden Ländern ein wichtiges Thema im Wahlkampf. AfD-Spitzenkandidat Jörg Urban, dessen Wahlkreis in der Lausitz liegt, setzt sich für den Fortbestand des Braunkohletagebaus und gegen den Ausbau erneuerbarer Energien ein. Offenbar haben relativ viele Arbeiter ihn mit ihrer Stimme für diese Versprechen entlohnt. CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer versuchte im Wahlkampf, den Strukturwandel in der Lausitz als Chance darzustellen, er schaffe Arbeitsplätze. Die Grünen als Kohlegegner schneiden bei Arbeitern äußerst schlecht ab. Linke und Grüne werben dafür, dass Sachsen schon vor dem geplanten Datum 2038 aus der Braunkohleverstromung aussteigt.

Die Zukunft der Arbeit spielt für viele Sachsen eine besondere Rolle, gerade in strukturschwächeren Regionen. Die Arbeitslosenquote ist zwar nicht so frappierend wie etwa in Sachsen-Anhalt, aber sie liegt mit 5,4 Prozent immer noch über dem Schnitt aller Bundesländer.

Unter Angestellten und Beamten schnitt die CDU mit großem Abstand am besten ab. Die CDU ist auch die Partei, der die Befragten am ehesten Kompetenz in Wirtschaftsfragen und bei Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen zusprechen.

Unter Selbstständigen schnitt die FDP wie bei allen Wahlen besser ab als in anderen Berufsgruppen. Jeweils ein Drittel der Selbstständigen haben sich aber für AfD oder CDU entschieden.

Bei Sachsen mit Hauptschulabschluss liegt die CDU weit vorne

Menschen mit Hochschulabschluss haben in Sachsen wie bei anderen Wahlen besonders selten die AfD gewählt. Sie hängen der CDU an, aber auch Linke, SPD und Grüne kommen bei Menschen mit Hochschulabschluss und Abitur besser weg als bei denen mit Hauptschulabschluss oder Mittlerer Reife.

Die mit Abstand meisten Menschen mit Haupschulabschluss haben sich der Umfrage zufolge für die CDU entschieden. Bei denen mit Mittlerer Reife liegt die AfD vorne.

Wie immer wählen vor allem Männer die AfD

In der Regel wählen Frauen seltener die AfD als Männer - und so auch bei dieser Wahl: Nur 22 Prozent der befragten Frauen stimmten für die AfD, aber 37 Prozent der Männer. Alle anderen Parteien schneiden bei Frauen etwas besser ab als bei Männern.

Frauen legen durchschnittlich mehr Wert auf Familienpolitik und Kinderbetreuung. Ein wichtiges Thema bei der Landtagswahl war die Beitragsfreiheit für Kitas, die Linke, SPD und AfD fordern, während FDP und CDU weiterhin Kitagebühren wollen. Die AfD ist im Allgemeinen aber dafür, dass Frauen ihre Kinder betreuen, statt arbeiten zu gehen. Sie möchte in Sachsen eine sogenannte "Herdprämie" einführen.

Abgesehen von diesem deutlichen Unterschied beim Geschlecht lässt sich aber festhalten, dass die AfD ihre Wähler eher nicht nur aus bestimmten Schichten oder Gruppen rekrutiert. Studien zufolge ist eine Haupt-Gemeinsamkeit von AfD-Wählern ihre Einstellung. Dazu gehört, dass sie rechtsextreme Überzeugungen weniger verwerflich finden als andere - und vor allem, dass sie ein höheres "Unzufriedensheitsniveau" aufweisen. In den neuen Bundesländern ist dieses Niveau generell hoch - und davon scheinen die Rechtspopulisten in Sachsen profitiert zu haben.

Grafiken: Michael Hörz

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