Behörden:Deutsche Geldwäsche-Aufsicht ist überfordert

Gold Sales At Zaveri Bazaar During The Auspicious Day Of Akshaya Tritiya

Auch Juweliere sind dazu angehalten, einen Verdacht auf Geldwäsche zu melden, doch scheuen sie sich meist.

(Foto: Dhiraj Singh/Bloomberg)
  • Kriminelle waschen in Deutschland Milliarden mit dem Kauf von Immobilien und Schmuck.
  • Doch für die Aufsicht sind gerade einmal 238 Vollzeitstellen bundesweit vorgesehen, zeigt eine Antwort des Bundesfinanzministeriums an die FDP.
  • Ein weiteres Problem: Immobilienmakler, Notare, Juweliere und Kfz-Händler scheuen sich oft, Verdachtsfälle zu melden.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Für den starken Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland gibt es viele Gründe, doch darüber, dass auch Geldwäsche die Knappheit bezahlbaren Wohnraums in den Ballungszentren massiv forciert hat, wird wenig gesprochen. Die Antikorruptionsorganisation Transparency International schätzt, dass 15 bis 30 Prozent aller kriminellen Vermögen in Immobilien investiert werden; der deutsche Markt sei ein Schwerpunkt mit mehreren Milliarden Euro jährlich. Wie kommt das?

Eine Ursache ist wohl, dass Immobilien hierzulande in bar bezahlt werden dürfen. Dasselbe Phänomen erlebt man auf dem Automarkt, wo Nobelkarossen via dicker Geldbündel den Besitzer wechseln. Auch bei Juwelieren und Edelmetallhändlern ist der Barverkauf nicht unüblich. Kriminelle Banden mit ihren Koffern voller illegaler Einnahmen aus dem Drogen- und Prostitutionsgeschäft haben da leichtes Spiel.

Das Geldwäschegesetz sieht nur vor, dass die Gewerbetreibenden sich vom Käufer ab einem Barbetrag von 10 000 Euro den Ausweis vorlegen lassen, diesen dann kopieren und zu den Akten legen. Kommt beispielsweise einem Juwelier der Käufer des dicken Diamantrings grundsätzlich verdächtig vor, so ist er gehalten, eine Geldwäscheverdachtsmeldung bei der Financial Intelligence Unit (FIU) zu machen. Die Behörde ist beim Zoll angesiedelt, doch dort kommt man mit der Bearbeitung der Fälle kaum hinterher - es stapelt sich.

Für die Kontrolle der Immobilienmakler und anderen Gewerbetreibenden aus dem Nichtfinanzsektor sind die Behörden der Länder zuständig. Aktuelle Zahlen zur Personalausstattung zeigen: In den 16 Bundesländern waren 2018 insgesamt 238 Vollzeitstellen für diese Aufsichtsarbeit eingesetzt, so das Bundesfinanzministerium in einer Antwort an die FDP, die der SZ vorliegt. In Nordrhein-Westfalen sind es 72 Stellen, in Baden-Württemberg 23 und in Bremen rechnerisch 2,4. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 waren es bundesweit nur 146 Vollzeitstellen.

Von Notaren in Deutschland kamen nur acht Verdachtsanzeigen

Ein Fortschritt? Wenn man weiß, dass es in Deutschland 35 000 Immobilienmakler, 7500 Schmuck- und Uhrenfachhändler und Tausende Autohändler gibt: ein sehr kleiner. "Eine erfolgreiche Kontrolle auf Geldwäsche kommt damit einem Lotto-Jackpot gleich", sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand. Hinzu komme, dass die dezentrale Organisation der Aufsicht dazu führe, dass Geldwäsche-Aspiranten von Bundesland zu Bundesland weiterziehen könnten, ohne große Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden. "Da lacht sich doch jeder Geldwäscher ins Fäustchen", meint Herbrand.

Dabei gäbe es für die Aufsicht viel Arbeit, zum Beispiel, die verpflichteten Händler zu ermuntern, das Problem ernster zu nehmen. Im vergangenen Jahr gaben die laut Geldwäschegesetz Verpflichteten aus dem gesamten Nichtfinanzsektor nur 597 Meldungen an die FIU ab: Immobilienmakler trugen dazu 31 Fälle bei, von den Notaren in Deutschland kamen ganze acht Verdachtsanzeigen. Die Immobilienbranche, Juweliere und Kfz-Händler scheuen sich oft, Meldung zu machen. Was, wenn der Verdacht unbegründet war? Es gibt die Furcht, den Kunden zu verlieren. Diesen Interessenkonflikt kann auch die geplante gesetzliche Verschärfung der Meldepflichten kaum auflösen.

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