Lokaltermin:Gasthof Thaller

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Wie viel sich aus wirklich guten Produkten herausholen lässt, erleben Gäste im Gasthof Thaller in der Steiermark. Die Zutaten: ein toller Garten, ein eigener Fischteich, ein Bio-Acker, Naturwein und ein fantastischer Koch. Besser geht's nicht!

Von Kahtarina  Seiser

Tue Gutes und rede kein Wort darüber. Das scheint der Leitsatz von Norbert Thaller zu sein. Der steirische Koch macht nämlich in seinem Familienbetrieb alles richtig, aber überhaupt kein Aufsehen darum. Der Thaller liegt ein bisschen ab vom Schuss der Südsteirischen Weinstraße, nahe an der Grenze zu Slowenien. Wer ohne Navi in das noch immer als Geheimtipp gehandelte Gasthaus will, verfährt sich beim ersten Mal garantiert. Beim zweiten Mal auch, aber ab dann steigert es nur die Vorfreude.

Der "Gasthof Thaller" liegt im steirischen St. Veit am Vogau, an einem Kirchenplatz wie aus dem Bilderbuch. Er besteht seit 1882, Norbert Thaller führt ihn in fünfter Generation, seit 18 Jahren. Die viele Arbeit sieht man dem blendend gelaunten jungen Mann nicht an, vielleicht, weil er die Naturweine seiner Heimat so liebt oder wegen der Qualität seiner Zutaten. Jedenfalls ist das Haus sehr einladend, stattlich, herausgeputzt, "es atmet Tradition", würden manche sagen. Schon im Gang wird klar, dass es um gute Produkte geht: Man sieht Tonflaschen mit hausgemachtem Wermut oder Gewürze von außergewöhnlicher Qualität - von einem ähnlich stillen Handwerker wie Norbert Thaller: Hannes Pinterits aus dem Burgenland, der dort zum Beispiel seit zehn Jahren wieder Safran anbaut.

Bei Schönwetter sollte man aber sofort weiter in den Garten, den schönsten und prächtigsten Gastgarten der Welt der Steiermark nämlich. Dort wächst Ungewöhnliches wie Shisoblätter oder gelb-orange gestreifte Tomaten, außerdem duftet es himmlisch spätsommerlich, und man trifft auf herumtollende Hunde. Sehr bald beginnt man sich angesichts der vielen Hoch- und Normalbeete zu fragen, ob es hier eventuell endlich einmal jemand ernst meint mit der so inflationär genannten, aber so selten wirklich umgesetzten Farm-to-table-Idee. Um später auf Nachfrage zu erfahren, dass der Thaller zusätzlich zum riesigen Garten, in dem weiter hinten auch noch ein großer Fischteich auf Umrundung wartet, einen Hektar Bio-Acker bewirtschaftet. Das eigene Gemüse reiche nun locker für das Gasthaus aus. Ungewöhnlich ist auch, dass auf der Speisekarte bei den Fleischgerichten "Bio" steht - eine Seltenheit in Österreichs Gastronomie. BOA steht auch oft dabei, gemeint ist eine Farm in Niederösterreich, auf der in Bio-Freilandhaltung Angus- und Galloway-Rinder gezüchtet werden, mit Hofschlachtung, das Fleisch richtig gereift, so rar wie köstlich.

Mittags kombiniert Thaller diese herrlichen Zutaten zu bodenständigeren Gerichten, abends zu feingliedriger komponierten Menüs. Aber es ist egal, zu welcher Tageszeit man hier isst. Norbert Thaller hat zu Hause gelernt, von seiner Mutter übernommen, war nie auf Küchenstation oder Weltreise. Doch das, was aus seiner Küche kommt, scheint nicht zu dieser Geschichte zu passen, so viel Erfahrung am Gaumen und so viel Weitblick zeigt es: Hauchdünn geschnittene, kräuterwürzige Porchetta vom Freilandschwein (10 Euro) mit einem leuchtend gelben, fast überschwänglich süßen Kompott von German-Gold-Tomaten (eine Köchin hat gerade welche aus dem Garten geholt), zart nach frischem Zitronengras und Basilikum duftend. Oder Tigerforelle in dicken Tranchen mit Gurke, Buttermilch und besten Haselnüssen, eine erfrischende Vorspeise mit Substanz (12 Euro). Dann gibt es ein Beuscherl vom Bio-Angus-Kalb (12 Euro), kraftvoll, aber nicht zu dicht und feinst geschnitten, dazu flaumige Topfen-Serviettenknöderl. Oder sein Bohnscharlsalat (7 Euro): Grüne-Bohnen-Salat mit Kernöl und Grammeln vom Rind (!), die exakt so schmecken wie das knusprig gebratene Fett von gut gereiften Steaks.

Mustergültig auch das Bio-Backhendl (16 Euro), weil es nach Hendl schmeckt, saftig ist, nicht breiig und trocken wie seine Artgenossen aus enger Stallhaltung. Und weil die köstliche Panier knusprig ist, auch rund um Leber und Hals. Dazu gibt es Erbsenreis ohne jede Aufhübschung wie bei Oma, das muss man sich erst mal trauen. Der Saibling aus dem Teich kommt mit unwirklich tomatig schmeckenden Tomaten, Sorten und Gargrade verschieden, dazu warm aufgeschlagene Zitrusmayo (24 Euro), ein Signature-Gericht von Thaller. Auf den Speisen liegen zarte Kräuter und Blüten, die kein noch so luxuriöser Gastro-Großhändler in der Frische liefern könnte. Die Topfenknöderl mit Marillenröster und -eis (9 Euro) sind ein weiteres Beispiel puren Wohlgeschmacks, weil guter Topfen, weil reife Marillen, buttrige Brösel und perfekte Konsistenzen. Der Koch nimmt sich zurück und überlässt die Bühne dem Eigengeschmack der bis ins Detail ungewöhnlich guten Zutaten.

Manuela Thaller ist, wie ihr Mann, dem Naturwein verfallen. Wer biodynamische, maischevergorene Weine liebt, wird bei der sehr fair kalkulierten und extrem umfassenden Weinkarte kein Halten kennen. Es gibt aber auch 15 (!) der Weine glasweise. Als sie beim Einschenken des fabelhaften Chardonnay Salamander 2017 (7,50 Euro) vom Bio-Weingut Andreas Tscheppe sagt, dass in die Schweizer Gläser - ungewöhnliche, extrem leichte Unikate - nur Demeter-Weine dürften, glaubt man an einen Scherz, aber sie meint es mit herzlichem Lachen wirklich so: "Die anderen haben das nicht verdient."

Dabei kommen weder Küche noch Service sektiererisch oder missionarisch daher. Das ist es, was den unwiderstehlichen Thaller-Sog ausmacht: von allem nur das Beste, und zwar echt. Kein Dünkel, viel Freude, das schmeckt man. Wenn es nach den Thallers geht, noch für Jahrzehnte: Sohn Simon steht schon mit in der Küche.

© SZ vom 07.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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