DFB-Elf gegen Nordirland:"Hier brennt es im Stadion"

  • Nach der Niederlande gegen die Niederlande muss die DFB-Elf in der EM-Qualifikation gegen Nordirland unbedingt gewinnen.
  • "Wir müssen morgen ein komplett anderes Gesicht zeigen", kündigt Joshua Kimmich an.
  • Bundestrainer Löw erwartet eine besondere Stimmung im Stadion in Belfast.

Von Saskia Aleythe, Belfast

Mancher dachte schon, in Belfast den kommenden Titelträger zu sehen. Vor zwei Jahren hat die deutsche Nationalmannschaft schon einmal gegen Nordirland gespielt, in der WM-Qualifikation, 3:1. Der Belfast Telegraph schrieb: "Nordirland war heute gezwungen, die zweite Geige zu spielen gegen Joachim Löws Maestros", und das drückte die gleiche Eigenart aus, mit der die Fans im Stadion die Partie zelebrierten: Wie der Nordire es hinbekommt, sich trotz Niederlage mit entsprechendem Pathos, aber überzeugter Leidenschaft selbst zu besingen und dem Gegner eine mehr als gastfreundliche Anerkennung gegenüber zu bringen.

Die Maestros hießen damals: Sebastian Rudy und Sandro Wagner.

Sebastian Rudy und Sandro Wagner sind nicht nur keine Weltmeister geworden, sie spielen in der Nationalmannschaft auch keine Rolle mehr. Generation Umbruch waren Wagner und Rudy ohnehin nicht, und doch bringt diese Erinnerung an 2017 die Erkenntnis mit sich: Dass damals wie heute die Mannschaft mit Personal und Spielweise noch immer im Findungsprozess steckt.

Löw sagt: "Hier herrscht eine unglaubliche Stimmung"

"Wir müssen morgen ein komplett anderes Gesicht zeigen", sagte Joshua Kimmich am Sonntagnachmittag und bezog sich damit freilich auf die Vergleichsgröße Niederlande am vergangenen Freitag, als das Spiel 2:4 verloren ging. Aber dass sich damals wie heute die Mannschaft noch immer im Findungsprozess befindet, ist schon ein Zeichen: Es ist kompliziert beim DFB.

Über dem Windsor Park im Westen der Stadt hängen die Regentropfen fest in einem dunstigen Gebilde, was aber gar nichts ausmacht: Die Nordiren singen ja trotzdem. Notfalls im T-Shirt bei acht Grad, "egal ob sie im Rückstand sind oder nicht", weiß Löw noch vom letzten Besuch. "Hier herrscht eine unglaubliche Stimmung", sagte der Bundestrainer, "hier brennt es im Stadion schon. Darauf müssen wir uns einstellen: Dass es laut ist, bei jedem Einwurf, bei jedem Eckstoß."

78 Sekunden hatte Sebastian Rudy 2017 nur gebraucht, um den Gesang zumindest kurzzeitig zu durchbrechen, mit einem Kracherschuss aus der Distanz, wie man sie auf der Insel eigentlich besonders mag. Wagner erhöhte ebenfalls sehenswert, Kimmich versenkte volley aus spitzem Winkel zum 0:3, bevor dem Gastgeber in der Nachspielzeit der Ehrentreffer gelang. Einer geht immer durch, das war schon damals eine Schwachstelle im DFB-Team.

Dass sie nun wieder in Belfast auflaufen und die Nordiren dabei Tabellenführer in der EM-Qualifikation sind, ist für alle Beteiligten ein ungewohnter Anblick. "Wir hätten in der Tabelle gerne nach unten geschaut, aber das haben wir uns selber eingebrockt", sagte Kimmich, "wer davon ausgeht, dass es morgen ein Spaziergang wird, ist glaube ich fehl am Platz." Nach dem 2:4 gegen die Niederlande am vergangenen Freitag ist die deutsche Mannschaft in einer angespannten Lage. "Da kann ich alles nennen, was besser werden muss", sagte Kimmich.

Gegen Nordirland wieder mit Viererkette

Unter verrückten Umständen hätten sie bei einem Sieg gegen die Niederlande nun schon gegen Nordirland die EM-Qualifikation sichern können, nun wird es ein Kampf gegen den nächsten Dämpfer. Wobei nach Löws Ansicht "alles im Soll" ist: "Dass wir mal so einen Rückschlag erleiden, war von unserer Seite vielleicht mal mit einkalkuliert."

Er habe einige wichtige Erkenntnisse sammeln können, sagte der Bundestrainer, "Erkenntnisse sind wichtig für den Weg. Für die nächsten Monate und das Turnier". Dazu könnte auch gehören, dass die defensive Ausrichtung gegen die Niederlande nicht unbedingt die Stärken seiner eigenen Fußballer hervorgebracht hat. Gegen Nordirland will Löw eine andere Taktik wählen - statt der Dreierkette, die gegen Holland bedenklich wackelte, hinten wieder mit Viererformation.

"Nordirland spielt mit aller Körperlichkeit, die ihnen zur Verfügung steht", sagte Löw, "sie spielen viele lange Bälle, darauf müssen wir uns einstellen. Und sie werden insgesamt tief stehen. Wir werden weniger Räume vorne bekommen." Wovon man mit Sicherheit ausgehen kann, wenn man dem gegnerischen Trainer Michael O'Neill zuhörte: "In der Abwehr geht es darum, ums Überleben zu kämpfen."

In Belfast hoffen sie auf eine magische Nacht, beim DFB-Team auf weitere Erkenntnisse. Die neuen Maestros sollen gerne die kommenden zwei Jahre überstehen.

Zur SZ-Startseite
DFB-Nationalmannschaft - Joachim Löw beim Training mit Mats Hummels und Thomas Müller

MeinungLöw und Hummels beim DFB
:Wiedervereinigung ausgeschlossen

Bundestrainer Löw plant auch nach dem 2:4 gegen Holland weiter ohne Mats Hummels. Eine Umkehr seiner Entscheidung wäre auch keine Lösung.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: