Hessen:Empörung über "Ehrenbrief" für Republikaner

Hessen: Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (rechts) überreicht Bert-Rüdiger Förster den Landesehrenbrief.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (rechts) überreicht Bert-Rüdiger Förster den Landesehrenbrief.

(Foto: Stadt Hanau Öffentlichkeitsarbeit)
  • Der Hanauer SPD-Oberbürgermeister zeichnet einen Politiker der Republikaner aus.
  • Der 76-jährige Bert-Rüdiger Förster ist Fraktionschef der Republikaner in der Stadtverordnetenversammlung, im Kreistag bildet er mit einem NPD-Mann eine Fraktion.
  • Ex-CDU-Generalsekretär Tauber, der mit Förster im Kreistag sitzt, verurteilt die Auszeichnung.

Von Robert Roßmann, Berlin

Anne Höhne-Weigl ist sauer, richtig sauer. Die 69-Jährige war lange Kreisgeschäftsführerin der Main-Kinzig-CDU, außerdem Vorsitzende der örtlichen Frauen-Union und Kreistagsabgeordnete. Für ihr Engagement ist sie 2013 mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen ausgezeichnet worden. Aber diesen Ehrenbrief hat sie am Montag an die Hessische Staatskanzlei zurückgeschickt. Sie will ihn nicht mehr haben. "Mir ist es total zuwider, mit einem Mann mit rechter Gesinnung die gleiche Auszeichnung zu haben", sagt Höhne-Weigl der Süddeutschen Zeitung. Sie wolle "mit dieser braunen Sauce nichts zu tun haben".

Der "Mann mit rechter Gesinnung", mit dem die Christdemokratin nichts zu tun haben will, ist Bert-Rüdiger Förster. Der 76-Jährige ist Fraktionschef der Republikaner in der Hanauer Stadtverordnetenversammlung und "geschäftsführender Landesvorsitzender" seiner Partei. Außerdem sitzt Förster im Kreistag von Main-Kinzig, in dem auch Höhne-Weigl lange Mitglied war. Dort bildet er zusammen mit dem NPD-Abgeordneten eine Fraktion. Und ausgerechnet dieser Bert-Rüdiger Förster ist vor knapp drei Wochen ebenfalls mit dem Ehrenbrief des Landes ausgezeichnet worden.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) hat Förster die Auszeichnung persönlich überreicht. "Auch wenn uns politisch in unserer Grundausrichtung vieles trennt, so lässt sich allemal zugestehen, dass die Hanauer Stadtverordnetenversammlung ärmer wäre ohne seinen Humor, seine langjährige kommunalpolitische Erfahrung und seine Hartnäckigkeit in der Sache", hat Kaminsky damals erklärt.

Der OB ist sich keiner Schuld bewusst

Höhne-Weigl findet das empörend. "Försters Auszeichnung ist ein Schlag ins Gesicht für alle ehrenamtlich engagierten Menschen", sagt sie. Wer sich für Allgemeinwohl, Demokratie und Freiheit einsetze, könne es nicht hinnehmen, eine Auszeichnung mit einem Mann zu teilen, "der am äußersten rechten Rand zu Hause ist und der seine Gesinnung meistens lautstark vertritt".

Der Ehrenbrief des Landes Hessen ist eine Auszeichnung des Ministerpräsidenten "für besonderes ehrenamtliches Engagement im Bereich der demokratischen, sozialen oder kulturellen Gestaltung der Gesellschaft". Über die Verleihung entscheiden laut Homepage der Staatskanzlei seit 1998 die Landräte beziehungsweise Oberbürgermeister, "in deren Zuständigkeitsbereich die zu Ehrenden wohnen".

Peter Tauber macht deshalb den SPD-Oberbürgermeister für die Auszeichnung verantwortlich. Der ehemalige CDU-Generalsekretär und heutige Verteidigungsstaatssekretär sitzt zusammen mit dem Republikaner Förster im Kreistag. "Es sorgt mich, wenn die Demokraten nicht klar sind in ihrer Abgrenzung nach links und rechts", sagt Tauber der SZ. "Wenn ein ehrenamtlicher Ortsbeirat wie in Altenstadt geschehen in überparteilicher Naivität einen NPD-Mann wählt und das dann mühsam korrigiert", dann sei das "schon schlimm". Nicht weniger bedenklich sei es aber, "wenn ein sozialdemokratischer Oberbürgermeister nichts dabei findet, einen Republikaner, der vor Ort eine Fraktionsgemeinschaft mit der NPD pflegt, mit dem Landesehrenbrief auszuzeichnen".

Doch der OB ist sich keiner Schuld bewusst. Auf Nachfrage der SZ, ob er die Auszeichnung inzwischen für einen Fehler halte, lässt er ausrichten: "Nein". Förster habe sich zwar im Wahlkampf "oft mit derben" und "schwer erträglichen Parolen geäußert". Die Verleihung entspreche aber dem Erlass des Landes Hessen. Denn Förster habe sich "in unserer Gesellschaft 60 Jahre sozial engagiert" - und der Ehrenbrief sei ihm "ausdrücklich nicht für seine Parteiarbeit überreicht" worden.

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